Geowissen

Kanadischer Rauch weht bis nach Europa

Rauch von Waldbränden gelangt über die obere Atmosphäre bis zu uns

Juli 2017: Waldbrand am Loon Lake in British Columbia. Der Rauch der ausgedehnten Brände im Westen Kanadas ist inzwischen bis zu uns geweht. © Shawn Cahill/CC-by-sa 4.0

Um die halbe Welt geweht: Der Rauch aus den heftigen Waldbränden in Kanada kommt sogar bis zu uns nach Europa. Das belegen LIDAR-Messungen an Stationen in Deutschland, Tschechien und Griechenland. Sie registrieren seit Tagen vermehrt Schwebteilchen in der Atmosphäre, die wahrscheinlich von den kanadischen Bränden stammen. Günstige Luftströmungen haben diese Rauchpartikel in der oberen Atmosphäre über die Arktis nach Europa geweht, so die Forscher.

In Kanada brennen die Wälder: Allein in British Columbia stehen Waldflächen von der doppelten Größe des Saarlands in Flammen. Sie sind mit einer Ausdehnung von fast 500.00 Hektar die größten, die jemals dort beobachtet wurden. Aber auch in anderen Teilen Kanadas gab es in diesem Sommer ungewöhnlich viele Feuer. Das Jahr 2017 gilt schon jetzt als die schlimmste Waldbrandsaison aller Zeiten in Kanada.

Staubschicht in zwölf Kilometern Höhe

Wie sich jetzt zeigt, reichen die Auswirkungen dieser gewaltigen Brände sogar bis nach Europa – einmal halb um den Globus herum. Luftmessungen haben in den letzten Tagen an Stationen in Deutschland, Tschechien und Griechenland anomal hohe Schwebstoffdichten gemessen, wie Forscher des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung (TROPOS) berichten.

Ermittelt wurde dies mittels LIDAR – der lasergestützten Messung von Partikeldichten in der Atmosphäre. Vor allem in einer Höhe von zwölf bis 17 Kilometern über der Erdoberfläche registrierten die Laser eine ungewöhnliche Staubschicht. Aus ihrer Höhe und dem erst kürzlichen Auftreten schließen die Forscher, dass es sich dabei um Rauchpartikel der kanadischen Brände handeln könnte.

Lidar-Messung über Leipzig am 22. August 2017: Zwei Rauchschichten sind zu sehen. © Holger Baars/ TROPOS

Über die Stratosphäre nach Europa

Schon länger ist bekannt, dass Ruß- und Aschepartikel von Bränden durch die Hitze bis in große Höhen transportiert werden können. Gelangen die Rauchpartikel dabei bis über die Troposphäre hinaus, erreichen sie die Zone oberhalb der Regenwolken und der meisten Wetterphänomene. Dadurch sind sie vor einem Auswaschen durch Niederschläge gefeit und bleiben lange in der Schwebe.

„In der Stratosphäre können diese Partikel dann ähnlich der Asche von Vulkanausbrüchen lange unterwegs sein und mit den Höhenwinden große Entfernungen über die Kontinente hinweg überwinden“, erklärt Holger Baars vom TROPOS. Zurzeit herrschen in den oberen Atmosphärenschichten zudem günstige Strömungen, die den Rauch nach Nordosten über die Arktis bis nach Europa geweht haben könnten.

Wirkung auf Wolken und Klima

Diese großräumige Ausbreitung von Rauchpartikeln kann auch Auswirkungen auf Wetter und Klima haben, wie die Forscher erklären. Zum einen dämpfen die Schwebteilchen ähnlich wie Vulkan-Aerosole die Einstrahlung des Sonnenlichts. Außerdem fördern sie die Bildung von Wolken. Vor allem die Rauch- und Staubpartikel, die in zehn bis 15 Kilometern Höhe schweben, können daher auch das Wetter in Europa beeinflussen.

Die Lidar-Messungen aus Kosetice in Tschien vom 20. bis 24. August 2017 zeigen, wie eine Rauchfahne aus Kanada über den Ort zieht und sich in zwei Schichten aufspaltet. © Holger Baars/ TROPOS

Bisher allerdings ist dieser Effekt nicht sonderlich groß. Denn die meisten Rauchpartikel werden bei uns relativ schnell vom Regen aus der Luft gewaschen, wie die Wissenschaftler erklären. Wenn sich jedoch solche Mega-Waldbrände in Zukunft häufen, was angesichts des Klimawandels nicht unwahrscheinlich ist, dann könnte dies durchaus klimatische Konsequenzen haben.

Bereits im Jahr 2011 hatten Wissenschaftler gewarnt, dass es bei Waldbränden Schwellenwerte gibt. Große Gebiete Kanadas bewegen sich offenbar auf diesen Schwellenwert zu und könnten diesen künftig durch den Klimawandel überschreiten. Die Folge wäre, dass sowohl die jährlich abgebrannten Flächen als auch die durchschnittliche Größe der Feuer stark zunehmen werden.

(Leibniz-Institut für Troposphärenforschung e. V., 25.08.2017 – NPO)

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