Wiederentdeckung mit Überraschungen: Ein 25 Jahre lang im Museum vergessener Meeressaurier hat sich nun als etwas ganz Besonderes entpuppt. Denn der gut drei Meter lange Ichthyosaurus ist der bisher größte seiner Gattung – und ein trächtiges Weibchen. Im Bauch des Meeressauriers sind noch halbverknöcherte Relikte des ungeborenen Jungtiers erhalten. Das an der Südküste von England entdeckte Fossil ist erst das Dritte eines trächtigen Ichthyosauriers.
Während die Dinosaurier im Jura und der Kreidezeit an Land dominierten, waren die Ozeane das Reich von großen, räuberischen Meeressauriern. Die schnellen, wendigen Schwimmer waren ähnlich erfolgreiche Jäger wie die heutigen Haie, sie schreckten aber auch vor blutigen Kämpfen mit Artgenossen nicht zurück. Isotopenanalysen legen zudem nahe, dass diese marinen Raubsaurier bereits warmblütig waren.
Der Größte seiner Gattung
Das ganz besondere Fossil eines Ichthyosaurus haben nun die Paläontologen Sven Sachs vom Naturkundemuseum Bielefeld und Dean Lomax von der University of Manchester entdeckt. Ihren Fund machten sie jedoch nicht bei einer Ausgrabung, sondern im Archiv des Niedersächsischen Landesmuseums in Hannover. Dort lagerten seit den 1990er Jahren die Knochen eines bisher nicht untersuchten Sauriers, der an der Küste des englischen Somerset entdeckt worden war.
Als Lomax und Sachs sich das Fossil nun erstmals näher anschauten, stellten sie Überraschendes fest: Der rund 200 Millionen Jahre alte Meeressaurier muss zu Lebzeiten zwischen drei und dreieinhalb Meter lang gewesen sein. Es handelt sich damit um den größten bisher bekannten Vertreter der Gattung Ichthyosaurus. „Dass wir einen solchen Riesen in einer Museumssammlung wiederentdecken, ist erstaunlich“, sagt Lomax.
Weibchen mit Embryo im Bauch
Doch das war noch nicht alles: Die Untersuchung enthüllte, dass es sich bei dem Fossil zudem um ein trächtiges Weibchen handelt. Im Bauchraum des Reptils fanden die Forscher Teile der Wirbelsäule, der Rippen und eine Vorderflosse eines Embryos. „Dies ist erst der dritte Fall eines Ichthyosaurus mit einem Embryo im Bauch – und der erste, den wir bis auf die Art bestimmen konnten“, sagt Lomax.
Die Knochen des ungeborenen Jungtieres waren zum Zeitpunkt des Todes noch nicht vollständig verknöchert. Wie die Paläontologen berichten, deutet dies darauf hin, dass sich der Embryo noch in der Entwicklung befand und nicht ausgereift war. Woran Mutter und Kind einst starben, ist allerdings ungeklärt.
Echter Saurier, aber falscher Schwanz
Interessant auch: Das Fossil war ursprünglich falsch zusammengesetzt worden: Man hatte ihm den Schwanz eines anderen Ichthyosauriers verpasst. „In diesem Falle geschah dies nicht als böswillige Fälschung, sondern um ein vollständigeres Skelett für die Museums-Ausstellung zu erhalten“, erklärt Sachs. „Dennoch demonstriert dies, dass es wichtig ist, Fossilien mit einem sehr kritischen Auge zu untersuchen.“
Bleiben solche Anstückelungen bei späteren Analysen unentdeckt, können sie ein falsches Bild der betreffenden Art zeichnen. Daher müsse man auch bereits zugeordnete und scheinbar gut dokumentierte Museumsstücke immer auch kritisch auf solche Ergänzungen hin untersuchen, so die Forscher. (Acta Palaeontologica Polonica, 2017; doi: 10.4202/app.00376.2017)
(University of Manchester, 29.08.2017 – NPO)