Gefährlicher Hefepilz: Ein neuer Verursacher von Pilzinfektionen breitet sich derzeit weltweit aus. In Deutschland sind zwar bisher nur Einzelfälle bekannt. Trotzdem raten Experten den Kliniken und Laboren nun, sich rechtzeitig auf den Erreger vorzubereiten. Denn Candida auris kann schnell große Ausbrüche in Krankenhäusern verursachen, ist gegen viele Medikamente resistent und außerdem mit herkömmlichen Untersuchungen nur schwer zu identifizieren. Gefährlich ist der Pilz vor allem für schwerkranke Menschen mit einem geschwächten Immunsystem.
Die Hefepilze der Gattung Candida gehören zu unseren zahlreichen mikrobiellen „Mitbewohnern“. Sie wachsen auf unserer Mundschleimhaut, kommen als normaler Bestandteil der Darmflora vor, siedeln in der Scheide, am Penis oder lassen sich in Hautfalten nieder. Doch einige der rund 150 Candida-Arten können unter bestimmten Umständen auch Krankheiten auslösen. Oft trifft es dabei Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Candida-Infektionen gehören daher zu den häufigsten im Krankenhaus erworbenen Erkrankungen.
Der bekannteste Krankheitserreger unter den Hefepilzen ist Candida albicans – Verursacher lästiger Haut- und Schleimhautinfektionen. Doch aktuell sorgt ein anderer seiner Verwandten für Schlagzeilen: Candida auris. Der Pilz wurde erst vor wenigen Jahren in Japan entdeckt. Dort hatte er den Gehörgang eines Patienten befallen, was den Namenszusatz „auris“, lateinisch für „das Ohr betreffend“, erklärt.
Wie gefährlich ist der Pilz?
Seitdem sorgt Candida auris immer wieder für Aufruhr: Zum Beispiel 2015/ 2016 in einem Krankenhaus in London, wo er innerhalb von 16 Monaten 50 Patienten infizierte. Auch in den USA hat der Pilz jüngst gewütet. Hier sollen von der Infektion Betroffene sogar verstorben sein, wobei die genaue Todesursache noch unklar ist.
Für viele Medien ist der Fall indes klar. Sie warnen vor einer „tödlichen Infektion, die um den Erdball schwappt“. Doch wie gefährlich ist der neue Verursacher von Pilzinfektionen wirklich? Anlässlich solcher angstmachenden Schlagzeilen, wie sie jüngst eine englische Zeitung veröffentlichte, haben Experten aus Deutschland und Österreich nun eine Stellungnahme zu dieser Frage veröffentlicht.
Resistente Erreger
Demnach ist Candida auris tatsächlich ein Sonderfall unter den Hefepilzen: „Candida auris wird im Gegensatz zu allen bisher bekannten Arten häufig von Patient zu Patient übertragen und kann somit Ausbrüche in Krankenhäusern verursachen“, sagt Oliver Kurzai vom Nationalen Referenzzentrum für invasive Pilzinfektionen in Jena.
Gleichzeitig seien viele Stämme dieses Hefepilzes gegen mindestens eines der Medikamente resistent, die zur Behandlung von Pilzinfektionen zum Einsatz kommen, und aus diesem Grund schwer zu behandeln. Ohne erfolgreiche Therapie kann sich der Pilz jedoch über den Blutstrom im ganzen Körper ausbreiten und im Extremfall eine tödliche Sepsis verursachen.
Labore nicht vorbereitet
In Deutschland gab es bisher zwar nur einige wenige Fälle von Infektionen mit Candida auris. Trotz der geringen Fallzahlen raten die Experten jedoch dazu, dem Thema frühzeitig Aufmerksamkeit zu schenken. Ihnen zufolge ist auch für Deutschland künftig mit mehr Fällen zu rechnen. Darauf aber seien viele diagnostische Labore bislang noch nicht ausreichend vorbereitet. So sei der Pilz bei den gängigen Routineuntersuchungen nicht immer zuverlässig zu identifizieren.
Die Experten fordern nun vor allem vom medizinischen Personal eine erhöhte Aufmerksamkeit, warnen aber gleichzeitig vor Panikmache. Denn wie andere Candida-Arten auch infiziert der neue Pilz vor allem Menschen mit einem geschwächten Immunsystem. Für einen Großteil der Bevölkerung besteht demnach kein Grund zu Beunruhigung: „Für einen gesunden Menschen stellt Candida auris keine Bedrohung dar“, sagt Kurzai.
(Julius-Maximilians-Universität Würzburg/ Nationales Referenzzentrum für Invasive Pilzinfektionen, 07.09.2017 – DAL)