Es klingt paradox: Die Klimaerwärmung könnte die Winter kälter machen – zumindest in Russland und Teilen Europas. Denn die sich erwärmende Arktis schwächt zunehmend einen Kaltluftstrom ab, der normalerweise die Kälte im hohen Norden hält. Dadurch kann kalte Luft im Winter weiter nach Süden vordringen – bis in unsere Breiten. Schon jetzt zeichnet sich dieser Trend ab, wie Forscher ermittelt haben.
Die Arktis erwärmt sich fast doppelt so schnell wie der globale Durchschnitt – und das hat Folgen: Das arktische Meereis erreicht immer wieder sommerliche und sogar winterliche Niedrigstände, mangelnder Schnee könnte für Trinkwassermangel sorgen.
Schwacher Wirbel, kalte Winter
Doch die arktische Erwärmung hat auch Auswirkungen auf die gemäßigten Breiten, denn sie verändert die Luftströmungen auf der Nordhalbkugel. „Im Winter ist die eiskalte arktische Luft normalerweise von starken, den Nordpol umkreisenden Winden mehrere zehntausend Meter hoch in der Atmosphäre eingeschlossen“, erklärt Erstautorin Marlene Kretschmer vom Potsdam Institut für Klimafolgenforschung (PIK). Dadurch bleibt die arktische Kälte im hohen Norden gefangen.
Wenn jedoch die starken um die Arktis kreisenden Winde nachlassen, kann kalte Polarluft entweichen und extreme Winter auf Teilen der Nordhalbkugel auslösen. Wie Kretschmer und ihre Kollegen feststellten, ist genau dies in den letzten vier Jahrzehnte mit zunehmender Häufigkeit und Dauer passiert. Zum ersten Mal zeigen sie, dass sich die Winde hoch oben in der arktischen Stratosphäre bereits verändert haben.