Gefährliches Terrain: Das äquatoriale Hochland von Pluto ist mit riesigen Eisspitzen bedeckt, die wie Messerklingen in die Höhe ragen. Jede dieser Klingenspitzen kann hunderte Meter hoch werden – so hoch wie ein Hochhaus. Woraus diese rätselhaften Eisklingen bestehen und wie sie entstehen, haben nun NASA-Forscher enträtselt. Demnach bestehen die Spitzen aus Methaneis und sind durch teilweise Sublimation des Eises entstanden.
Der Zwergplanet Pluto sorgt immer wieder für Überraschungen. Denn die vermeintlich tote, ferne Eiswelt erweist sich zunehmend als ziemlich dynamischer Himmelskörper. So gibt es auf ihm fließende Gletscher, Konvektionsströme aus Eis, Nebelwolken und vielleicht sogar aktive Eisvulkane. Zudem könnte der gesamte Zwergplanet einst um 60 Grad gekippt sein.
Hunderte Meter hohe Klingen aus Eis
Jetzt haben NASA-Forscher eine weitere exotische Landschaft des Pluto näher untersucht: die von Rippen durchzogene äquatoriale Hochebene Tartarus Dorsa. Auf ihr zeigen die Aufnahmen der NASA-Sonde New Horizons ein pockenmarkiges Terrain, dass sich bei näherer Untersuchung als Formation von dicht an dicht stehenden Eisspitzen erwies.
Diese Eisspitzen ragen hunderte Meter über dem Grund auf und ähnelt aufrecht stehenden Riesenmessern. „Dieses Klingen-Terrain kommt nur in extremen Hochlagen von mehr als zwei Kilometern über dem mittleren Radius vor und innerhalb von rund 30 Grad beiderseits des Äquators“, berichten Jeffrey Moore vom Ames Research Center der NASA und seine Kollegen.
Sublimation formte Methaneis-Formationen
Doch wie sind diese seltsamen Riesen-Eisklingen entstanden? Die Forscher vermuten, dass die Eisspitzen einen ähnlichen Ursprung haben wie die sogenannten Penitentes oder das „Büßereis“ auf der Erde: Diese Eissäulen entstehen, weil Schnee- und Eiskristalle im trocken-kalten Hochland nicht schmelzen, sondern sublimieren. Weil dies nicht gleichmäßig geschieht, bleiben Spitzen aus härterem Eis übrig.
Ähnliches könnte auf dem Pluto stattfinden – nur dass hier Methaneis statt Wassereis die Penitentes-Spitzen bildet. „Offenbar durchlebt auch der Pluto manchmal Klimaveränderungen“, erklärt Moore. In kalten Perioden kristallisiert Methan auf den Hochlagen aus – ähnlich wie Raureif auf der Erde. „Wenn der Zwergplanet dann ein wenig wärmer wird, beginnt das Methaneis zu verdampfen“, so der Forscher.
Riesen-Eisklingen auch anderswo auf Pluto
Die riesigen Methaneis-Klingen auf dem Pluto sind damit ein Indiz dafür, dass das Klima des eisigen Zwergplaneten durchaus variabel sein muss. Die Forscher vermuten, dass sich seine Klimaschwankungen in zeitlichen Größenordnungen von Millionen Jahren bewegen. Gleichzeitig sprechen die neuen Erkenntnisse dafür, dass es auch auf anderen äquatorialen Höhenlagen des Pluto ähnliche Eisklingen geben könnte. (Icarus, 2017; doi: 10.1016/j.icarus.2017.08.031)
(NASA, 29.09.2017 – NPO)