Klima

Weltklimagipfel 2017: Eine Bilanz

Staaten einigen sich auf ein provisorisches Regelbuch für den Klimavertrag

Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (Mitte) auf der Abschlusskonferenz zum Weltklimagipfel in Bonn © BMUB/ Sascha Hilgers

Wichtiger Zwischenschritt: Der Weltklimagipfel in Bonn hat die Umsetzung des Pariser Klimaschutzabkommens ein Stück weiter vorangebracht. Zum Abschluss der Konferenz einigten sich die Vertreter aller teilnehmenden Staaten am Samstagmorgen auf ein provisorisches Regelbuch für den Klimavertrag. Trotzdem bleiben Fragen offen – und Deutschland steht wegen seines Festhaltens an der Kohleenergie in der Kritik.

In Bonn ist nach einer letzten langen Verhandlungsnacht am Samstagmorgen der Weltklimagipfel zu Ende gegangen. Zwölf Tage lang hatten sich Vertreter von insgesamt 196 Ländern und der EU getroffen, um über die im Pariser Abkommen vereinbarten Klimaschutzvorhaben zu sprechen – und vor allem darüber, wie man sie umsetzt. Ziel war es dabei, sich auf Prozeduren und Richtlinien für ein sogenanntes „Regelbuch“ zu einigen, das beim nächsten Klimagipfel Ende 2018 in Polen verabschiedet werden kann.

Die Bedingungen dafür standen vorab nicht gerade günstig. Denn in vielen Ländern geht es mit dem Klimaschutz kaum voran und auch Deutschland – bisher ein Zugpferd bei Klimaverhandlungen – hinkt seinen eigenen Klimaschutzzielen hinterher. Trotzdem gab es zum Abschluss der Konferenz eine positive Nachricht: Die Vertreter aller teilnehmenden Länder haben sich auf eine provisorische Gebrauchsanweisung für den Klimavertrag geeinigt.

Textentwürfe für ein Regelbuch

Konkret wurden zu allen offenen Fragen bezüglich der Umsetzung des Abkommens Textentwürfe formuliert – zum Beispiel entwickelten die Delegierten Ideen dafür, wie die Staaten ihre Treibhausgasemissionen messen und darüber berichten sollen. Das Regelbuch ist damit jedoch längst noch nicht druckreif. So widersprechen sich die formulierten Vorschläge teilweise sogar und viele Details müssen bis zur Weltklimakonferenz im kommenden Jahr noch schlussverhandelt werden.

„Wir haben in Bonn große Fortschritte gemacht, und zwar beim Verhandeln und beim Handeln“, so das Fazit von Bundesumweltministerin Barbara Hendricks. „Damit hat die Konferenz die Erwartungen voll erfüllt. Uns ist ein wichtiger Zwischenschritt gelungen auf dem Weg zur Konferenz in Kattowitz in einem Jahr, wo die Umsetzungsregeln von Paris beschlossen werden sollen.“

Dialog zu weiteren Maßnahmen

Als bedeutender Erfolg wurde die Einigung auf den sogenannten Talanoa-Dialog gewertet. Unter der Leitung des Konferenzvorsitzenden Fidschi und seines Nachfolgers Polen soll dabei im Laufe des nächsten Jahres eine Bestandsaufnahme zur Wirkung der derzeitigen Klimaschutzzusagen stattfinden – um dann über weitere Maßnahmen zu beraten.

Denn schon jetzt ist klar, dass die für Paris eingereichten nationalen Klimaschutzziele nicht ausreichen werden, um die Erderwärmung auf die anvisierten maximal zwei Grad zu beschränken. Ziel des Dialogs sei es, die Vertragsstaaten zu ehrgeizigerem Handeln zu motivieren, um die globale Klimaschutzlücke zu schließen, heißt es dazu in einer Mitteilung.

Streit über Unterstützung armer Länder

Als besonderer Knackpunkt erwies sich in Bonn dagegen die Frage, in welchem Maße sich die Industrienationen als Hauptverursacher des Klimawandels an den Kosten für Schutzmaßnahmen und Schäden in ärmeren Ländern beteiligen. Im Pariser Abkommen haben die Industrieländer diesen Staaten bereits eine finanzielle Unterstützung für die Anpassung an die Erderwärmung zugesagt. Sie soll bis 2020 auf 100 Milliarden Dollar jährlich anwachsen.

In Bonn drangen die Entwicklungs- und Schwellenländer jedoch darauf, den Zuwachs der Mittel zu beschleunigen. Außerdem forderten sie mehr Gelder, um mit klimabedingten Schäden, zum Beispiel durch den Anstieg des Meeresspiegels, umzugehen. Die Industrieländer dagegen bieten in diesem Feld vor allem Wissensaustausch und technische Zusammenarbeit an. Diese strittigen Themen müssen in Zukunft weiter verhandelt werden.

Klimaversicherungen gegen Dürren und Co

Als Kompromiss hat Deutschland am Rande der Konferenz zusätzliche Klimarisikoversicherungen initiiert. Sie springen zwar nicht bei allmählichen Umweltveränderungen wie dem steigenden Meeresspiegel ein – sollen aber umgehende Hilfe bei Wetterkatastrophen wie Dürren und Unwetter ermöglichen.

Außerdem können arme Länder auch in Zukunft Hilfen aus einem älteren Fonds erhalten. Um den „Anpassungsfonds“, der unkomplizierte Auszahlungen gewährt und Teil des auslaufenden Kyoto-Protokolls ist, wurde in Bonn bis zuletzt heftig gerungen. Das Ergebnis: Der Fonds soll auch unter dem Paris-Abkommen Bestand haben. Wie dieser Geldtopf künftig im Detail gespeist werden soll, ist allerdings noch offen.

Anti-Kohle-Allianz ohne Deutschland

Eine der größeren Nachrichten vom Weltklimagipfel war zudem die Gründung einer Allianz zum raschen Kohleausstieg. Deren knapp 20 Mitglieder wollen alle herkömmlichen Kohlekraftwerke schrittweise vom Netz nehmen und sich spätestens 2030 von der Kohle verabschieden. Neben den Initiatoren Kanada und Großbritannien sind auch einzelne Bundesstaaten der USA dabei, die sich damit gezielt gegen den von US-Präsident Trump beschlossenen Ausstieg aus dem Pariser Klimaabkommen stellen.

Deutschland konnte sich dagegen nicht zu einer verbindlichen Zusage zum Kohleausstieg durchringen. „Dass Deutschland sich der in Bonn gegründeten Anti-Kohle-Allianz verweigert, macht deutlich, dass es seine einstmalige Vorreiterrolle bei der Energiewende längst verloren hat und zum Bremsklotz geworden ist“, kritisiert Thomas Eberhardt-Köster vom globalisierungskritischen NGO-Netzwerk Attac.

(BMUB/ Attac, 20.11.2017 – DAL)

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