Tiefe Wurzeln: Zumindest ein Teil des irdischen Goldes könnte ursprünglich nicht aus der Erdkruste, sondern aus dem Erdmantel stammen. Darauf deuten geochemische Gesteinsanalysen in der Goldlagerstätte Deseado in Patagonien hin. Demnach gelangte das Gold dieses Vorkommens erst durch einen zweischrittigen geologischen Prozess aus dem Erdmantel in höhere Schichten. Nach Ansicht der Forscher könnte das Edelmetall auch in anderen Lagerstätten einen tieferen Ursprung haben als bislang angenommen.
Das wertvolle Edelmetall Gold gibt noch immer Rätsel auf. Denn dieses Element ist zwar im größten Teil der Erdkruste extrem rar, kommt aber in einigen Erzlagerstätten gehäuft vor. Wie sich dieses Gold einst dort anreicherte, ist bisher nur in Teilen aufgeklärt. „Die Suche nach Gold hat Expeditionen und Wanderungen gefördert und sogar Kriege ausgelöst, aber über den wahren Ursprung dieses Edelmetalls wissen wir noch immer kaum etwas“, erklärt Santiago Tassara von der Universität Chile.
In einigen Fällen könnten Erdbeben die Bildung von Goldlagerstätten gefördert haben, in anderen die Anwesenheit von Erdöl und Uranerz oder die Tätigkeit von Mikroben. Auch eine Anreicherung durch hydrothermale Quellen ist möglich.
Patagonisches Gold
Wie tief die Wurzeln zumindest einiger Goldlagerstätten liegen, könnten nun Tassara und seine Kollegen aufgedeckt haben. Sie haben die Geologie des Deseado Massivs im argentinischen Teil Patagoniens untersucht – einer rund 60.000 Quadratkilometer großen Erzlagerstätte, die besonders viel Gold und Silber enthält.
Das Gestein in diesem Gebiet wurde von zwei Schüben geologischer Prozesse geprägt, wie die Forscher erklären: Vor rund 180 Millionen Jahren schmolz ein Mantelplume die Erdkruste auf. Dies trug dazu bei, dass der Südkontinent Gondwana zerbrach. Vor 155 Millionen Jahren bildete sich am Westrand dieses Gebiets eine Subduktionszone, die vulkanische Aktivität und das Aufschmelzen von Krustenteilen auslöste.
Aus dem Mantel statt aus der Kruste
Doch woher stammt das Gold im Deseado Massiv und wann sammelte es sich zu einer Lagerstätte? Um das herauszufinden, analysierten die Forscher winzige Einschlüsse in dem urzeitlichen Magmagestein dieses Gebiets. Dabei stellten sie fest, dass viele der Einschlüsse ursprünglich aus dem Erdmantel stammten – und dass genau diese Körnchen besonders viel Gold enthielten.
„Die Goldpartikel waren in Olivin und Pyroxen eingeschlossen und in eine Matrix aus Gesteinsglas eingebettet“, berichten Tassara und seine Kollegen. „Diese Körnchen bestanden fast alle aus purem Gold.“ Aus der Struktur der Einschlüsse und des umgebenden Gesteins schließen die Forscher, dass dieses Gold durch einen zweischrittigen Prozess aus dem Erdmantel in die Erdkruste gelangt sein muss.
Transport in zwei Schritten
„Zunächst erzeugten mit dem Mantelplume verknüpfte Schmelzen im frühen Jura eine goldreiche Quelle im oberen Erdmantel“, erklären die Forscher. Dann, vor rund 155 Millionen Jahren, führte die Subduktion dazu, dass heiße Flüssigkeit aufstieg und das goldreiche Gestein am unteren Rand der Lithosphäre teilweise aufschmolz. „Dies resultierte in optimalen Bedingungen für die Bildung von erzformenden Magmen, die dann die Gold-Lagerstätten schufen“, so die Wissenschaftler.
„Damit liefern wir den ersten Beleg von nativem Gold im Erdmantel unter dem Deseado Massiv“, konstatieren Tassara und seine Kollegen. „Unsere Ergebnisse verknüpfen eine goldreiche Mantelquelle mit dem Vorkommen einer großen goldhaltigen Provinz in der darüberliegenden Erdkruste.“
Alternative zu gängigen Modellen?
Nach Ansicht der Forscher könnte ein solches „Wiederaufwärmen“ von lithosphärischen Mantelgesteinen ein Schlüsselfaktor auch für die Bildung anderer großer Erzlagerstätten in der Erdkruste sein. Dies steht im Widerspruch zu den meisten gängigen Theorien zur Bildung von Goldlagerstätten, die von einem Ursprung des Goldes in der Erdkruste selbst ausgehen.
Doch Tassara und seine Kollegen sehen in ihren Erkenntnissen eine plausible Alternative zu den gängigen Modellen – oder möglicherweise auch eine Ergänzung. (Nature Communications, 2017; doi: 10.1038/s41467-017-00821-z)
(University of Granada, 21.11.2017 – NPO)