Einstein behält Recht: Ein Satelliten-Experiment bestätigt, dass Gravitation auf Objekte unterschiedlicher Masse gleich wirkt. Dieses Äquivalenzprinzip bildet die Basis für Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie und gilt damit als ein Grundpfeiler der klassischen Physik. Seine Gültigkeit belegt nun der MICROSCOPE-Satelliten erstmals bis auf zehn Milliardstel genau – und damit so genau und weitreichend wie nie zuvor.
Galileo Galilei vermutete es schon vor rund 400 Jahren, Isaac Newton formulierte es erstmals aus und Albert Einstein machte es zu einem Grundpfeiler seiner Allgemeinen Relativitätstheorie: das Äquivalenzprinzip. Nach diesem wirkt die Gravitation auf alle Objekte gleich – unabhängig von ihrer Masse oder Zusammensetzung. Gäbe es den Luftwiderstand nicht, würde demnach eine Bleikugel genauso schnell zu Boden fallen wie eine Feder. Man spricht daher auch von der „Universalität des freien Falls“.
Barriere zwischen Quanten-und klassischer Physik
Doch es gibt ein Problem: In der Quantenphysik spielen sich Prozesse ab, die nicht mit diesem Prinzip der klassischen Physik vereinbar sind. „Das Äquivalenzprinzip unterscheidet die Gravitation von allen anderen Kräften der Natur, die im Standardmodell der Teilchenphysik beschrieben werden“, erklärt Anna Nobili von der Universität Pisa. „Genau dies ist das Kernproblem, das eine Vereinheitlichung der beiden Theorien zu einem einheitlichen physikalischen Weltbild bisher verhindert hat.“
Dieses Dilemma ließe sich jedoch lösen, wenn das Äquivalenzprinzip doch nicht universell gültig ist. „Wenn man eine Verletzung dieses Prinzips belegen würde, dann hätte das die gleiche Bedeutung wie die Entdeckung einer ganz neuen Naturkraft“, sagt Nobili. In zahlreichen Versuchen haben Forscher daher bereits versucht, minimale Abweichungen im freien Fall von Objekten verschiedener Masse zu finden – bisher allerdings vergebens.
Testmassen im freien Fall
Den bisher genauesten Vergleich haben nun Nobili und ihre Kollegen mit dem französischen Mikrosatelliten MICROSCOPE unternommen. Er umkreist die Erde seit April 2016 in einem sonnensynchronen, niedrigen Erdorbit und trägt zwei zylinderförmige Testmassen mit sich. Eine besteht aus einer leichteren Titan-Aluminium-Legierung, die andere aus einem schwereren Platin-Rhodium-Gemisch. Extrem sensible Beschleunigungssensoren registrieren jede Bewegung dieser beiden Zylinder.
Gilt das Äquivalenzprinzip, dann müssten alle Beschleunigungskräfte gleich stark auf beide Testmassen wirken. Reagiert jedoch ein Zylinder stärker als der andere, dann wäre dies ein Indiz für einen Bruch des Äquivalenzprinzips. Inzwischen hat der Satelliten mehr als 1900 Erdumkreisungen hinter sich und die Forscher haben erste Daten.
Einstein behält recht – vorerst
Das Ergebnis: Auch bei dieser bisher genauesten Messung haben die Forscher keine Abweichungen im Verhalten der Massen nachweisen können. Die Messungen bestätigen bis auf zehn Billiardstel (10 hoch -14) genau, dass die Universalität des freien Falls nicht verletzt wurde. Dieser Wert ist damit zehnmal genauer als alle vorherigen Messungen.
Damit hat Einsteins Äquivalenzprinzip auch diesen bisher strengsten Test mit Bravour bestanden. „Dieses Ergebnis ist für die Physik von großer Bedeutung und wird sicherlich zur Überarbeitung alternativer Theorien führen „, kommentiert Pierre Touboul, wissenschaftlicher Leiter der Mission bei der französischen Raumfahrtagentur CNES.
Noch schließt dieses Ergebnis aber nicht aus, dass sich nicht doch irgendwo Diskrepanzen verbergen. Deshalb geht die Suche der Physiker nach einer Verletzung des Äquivalenzprinzips weiter. Die MICROSCOPE-Mission soll im Verlauf der weiteren Orbits eine Genauigkeit von zehn hoch -15 erreichen – dies ist dann hundertfach besser als alle erdbasierten Messungen. Es gibt aber auch schon Pläne für weitere Satelliten, die mit leicht abgewandelter Methode nach Diskrepanzen fahnden. (Physical Review Letters, 2017)
(CNRS, 04.12.2017 – NPO)