Falscher Goldglanz: Schon im Europa der Bronzezeit war Schmuck aus falschem Gold offenbar heiß begehrt. Viele Bronzeobjekte aus dieser Zeit bestehen aus einer Kupfer-Zinn-Legierung, die ähnlich aussah wie Gold, wie Forscher jetzt herausgefunden haben. Sie haben erstmals die alten Legierungen nachproduziert und so ihre ursprüngliche Färbung enthüllt. Bei archäologischen Fundstücken ist die ursprüngliche Farbe dagegen wegen der Korrosion nicht mehr erkennbar.
In der Bronzezeit waren Metalllegierungen aus Kupfer und Zinn das Material der Wahl. Diese Bronze wurde für Waffen, Werkzeuge und vor allem Schmuckgegenstände genutzt. Die Beimischung von Zinn gab dem weichen Kupfer eine erhöhte Festigkeit und verbesserte die mechanischen Eigenschaften des Metalls. Gleichzeitig veränderten die Zusätze anderer Metalle die rötliche Farbe des Kupfers – was diese Kupferlegierungen auch für Schmuckobjekte reizvoll machte.
Schon länger vermuten Archäologen deshalb, dass bestimmte Bronzevarianten gezielt hergestellt wurden, um den besonderen Glanz des Goldes zu imitieren – einem schon damals als besonders wertvoll geltenden Metall. Das Problem dabei: An archäologischen Fundstücken aus solchen Legierungen ist heute oft nicht mehr zu erkennen, welche Farbe sie ursprünglich hatten. Das Metall ist längst korrodiert und mit einer dicken Patina bedeckt.
Prähistorische Legierungen „nachgebaut“
„Wir haben daher beschlossen, die gängigsten prähistorischen Legierungen aus Kupfer, Zinn und Arsen experimentell nachzuproduzieren'“, erklärt Miljana Radivojevic von der University of Cambridge. „Das ermöglichte es uns, eine Farbskala zusammenzustellen, die den ursprünglichen Glanz dieser Artefakte zeigt.“
Die Forscher erzeugten im Labor 64 verschiedene Legierungen durch die gezielte Mischung von Kupfer mit Arsen oder Zinn sowie allen drei Komponenten. Von jeder Legierung erstellten sie einen kleinen Metallwürfel und analysierten dessen Farbe und Glanz. „Inspiriert haben uns die Juweliere, die ganz ähnliche Farbskalen für die Legierungen von Gold, Silber und Kupfer nutzen“, erklärt Radivojevic.
Vom Kupferrot zum Goldglanz
„Damit haben wir nun die Möglichkeit, den ursprünglichen Glanz der archäologischen Objekte zu rekonstruieren, die über Jahrtausende im Untergrund lagen und dadurch ihre Farbe verloren haben“, sagt Koautor Marcos Martinón-Torres vom University College London. „Unseres Wissens nach ist dies die bisher umfangreichste Untersuchung der Farbe von Kupfer-Zinn-Arsen-Legierungen.“
Die neue Farbskala der Legierungen enthüllt, dass sich der rötliche Glanz des Kupfers bei bis zu elf Gewichtsprozent zugesetztem Arsen in ein blasses Pink wandelt. Steigt der Arsenanteil weiter, nimmt das Metall eine silbriggraue Farbe an. Anders ist dies bei den Kupfer-Zinn-Legierungen: Bei einem Zinnanteil zwischen sechs und zwölf Prozent bekommt das rötliche Kupfer eine goldähnlich glänzende Färbung.
Bronzezeitliches Goldimitat
Das Spannende daran: Einige der in der Balkanregion gefundenen ältesten Bronzeobjekte Europas besitzen genau diese Zusammensetzung. „Der Goldglanz dieser Artefakte könnte demnach entscheidend zu ihrem Wert und ihrem ästhetischen Reiz beigetragen haben“, sagen die Forscher. Möglicherweise erzeugte man damals gezielt diese Legierungen, um diese Schmuckstücke so goldähnlich wie möglich erscheinen zu lassen.
„Es ist sehr wahrscheinlich, dass die Produktion dieser für damalige Zeit neuen Kupferlegierungen kein Zufall war: Damals wurde im Balkangebiet auch Gold gefördert“, erklärt Radivojevic. „Die Nachfrage nach diesem exotisch goldglänzenden Metall führte vermutlich dazu, dass sich auch Goldimitate aus Bronze großer Beliebtheit erfreuten.“ (Journal of Archeological Science, 2017; doi: 10.1016/j.jas.2017.12.001)
(University of Cambridge, 04.01.2018 – NPO)