Astronomie

Röntgensignal von Dunkler Materie?

Strahlung könnte von extrem leichten Teilchen der Dunklen Materie stammen

Von der Perseus-Galaxie geht ein Röntgensignal aus, das möglicherweise für die Existenz von leichten Teilchen der Dunklen Materie spricht. © NASA/CXC/SAO/E.Bulbul, et al./ ESA

Verräterische Strahlung: Ein mysteriöses Röntgensignal aus nahen Galaxien könnte einen Hinweis auf die Natur der Dunklen Materie liefern. Denn wie Astrophysiker jetzt ermittelt haben, passt die Signatur dieser Strahlung zur Präsenz von extrem leichten Teilchen Dunkler Materie – beispielsweise den hypothetischen sterilen Neutrinos. Treffen diese Partikel aufeinander, löschen sie sich gegenseitig aus und setzen dabei Röntgenstrahlung frei, so jedenfalls die aktuelle Theorie.

Obwohl die Dunkle Materie vier Fünftel der Masse in unserem Universum ausmacht, ist noch immer völlig unbekannt, woraus sie besteht. Von den bislang favorisierten WIMPs (Weakly Interacting Massive Particles), fehlt bislang jede Spur, auch wenn ein seltsamer Überschuss an Gammastrahlen in der Milchstraße und Zwerggalaxien auf die Präsenz solcher schwerer, sich gegenseitig auslöschender Teilchen hindeuten könnte.

Einige Wissenschaftler vermuten deshalb, dass die Dunkle Materie doch aus leichteren Teilchen bestehen könnte. Kandidaten wären sogenannte SIMPs (Strongly Interacting Massive Particles) oder die leichteren Axionen. Auch eine spezielle, bisher nicht nachgewiesene Sorte von leichten Fermionen, die sterilen Neutrinos, sind in der Diskussion. Sie wären rund hundert Mal leichter als ein Elektron.

Mysteriöses Röntgensignal

Ein Indiz für solche extrem leichten Dunkle-Materie-Teilchen könnten Astronomen schon entdeckt haben: Bereits 2014 registrierten Forscher in zwei nahen Galaxien ein mysteriöses Röntgensignal. Es handelte sich um eine Spektrallinie bei 3,5 Kiloelektronenvolt (KeV), für deren Entstehung die Astronomen keine Erklärung hatten – diese Linie war ebenso neuartig wie rätselhaft.

Das rätslhafte Röntgensignal liegt bei etwa 3,5 Kiloelektronenvolt, wie dieses Diagramm zeigt. © NASA/CXC/SAO/E.Bulbul, et al.

Jetzt könnten Vedran Brdar von der Universität Mainz und seine Kollegen die Erklärung für das Röntgensignal gefunden haben. Mithilfe von physikalischen Modellen haben sie überprüft, ob und wie die Strahlung durch extrem leichte Teilchen Dunkler Materie erzeugt worden sein könnte. „Wir gehe von der Möglichkeit aus, dass die Dunkle Materie aus Fermionen mit der Masse von nur wenigen Kiloelektronenvolt bestehen könnte“, so die Forscher.

Annihilation steriler Neutrinos?

Ihre Theorie: Diese Röntgenstrahlung könnte freiwerden, wenn zwei Dunkle-Materie-Teilchen aufeinandertreffen und sich gegenseitig auslöschen – wie beim Kontakt eines Teilchens mit seinem Antimaterie-Gegenpart. „Früher ist man davon ausgegangen, dass eine solche Annihilation bei derart leichter Dunkler Materie nicht beobachtbar ist“, erklärt Brdars Kollege Joachim Kopp.

Doch das neue Modell der Wissenschaftler belegt, dass auch sterile Neutrinos oder ähnlich leichte Teilchen sich auslöschen und dabei Röntgenstrahlung aussenden könnten. Dieser Prozess verläuft in zwei Schritten: Zunächst entsteht aus den beiden „dunklen“ Fermionen ein Paar sogenannter realer Skalare bilden – Teilchen ohne Spin. Diese zerstrahlen sofort wieder in die beobachtete Röntgenstrahlung.

Die Suche geht weiter

„Wir haben unser neues Modell berechnet und mit experimentellen Daten verglichen, es passt alles viel besser zusammen als in älteren Modellen“, so Kopp. „Wir zeigen in unseren Berechnungen, dass sich die resultierende Röntgensignatur sehr gut mit den Beobachtungen deckt und damit eine neuartige Erklärung dafür bietet.“ Rein theoretisch wäre es damit nicht unmöglich, dass das mysteriöse Röntgensignal von sehr leichten Teilchen Dunkler Materie stammt.

Ob das aber tatsächlich der Fall ist oder ob es eine einfachere Erklärung für diese Strahlung gibt, wird sich erst zeigen müssen. Klar scheint: Die Suche nach den rätselhaften Teilchen der Dunklen Materie geht vorerst weiter. (Physical Review Letters, 2018; doi: 10.1103/PhysRevLett.120.061301)

(Johannes Gutenberg-Universität Mainz, 12.02.2018 – NPO)

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