Von wegen bringt nichts: Eine Hardware-Nachrüstung von Euro-5-Dieseln kann deren Stickoxid-Emissionen im Stadtverkehr um bis zu 70 Prozent verringern. Das belegt jetzt ein Umrüstungstest des ADAC. Außerhalb von Ortschaften verringerten sich die Emissionen der Testfahrzeuge sogar um bis zu 90 Prozent. Eine Hardware-Umrüstung allein der Euro-5-Diesel könnten demnach die Luftqualität der Städte um bis zu 25 Prozent verbessern, so der ADAC.
Das Problem ist aktueller denn je: Weil in deutschen Städten die EU-Grenzwerte für Stickoxide ständig überschritten werden, droht jetzt sogar die EU Deutschland mit entsprechenden Strafen. Denn obwohl allein durch die manipulierte und ungenügende Abgasreinigung bei Dieselfahrzeugen jedes Jahr tausende Menschen in Europa frühzeitig sterben, ist auch nach Bekanntwerden von Abschaltautomatik und Software-Mogeleien bisher kaum etwas passiert. An diesem Donnerstag entscheidet zudem das Bundesverwaltungsgericht, ob es Diesel-Fahrverbote in Städten geben wird.
Das Problem: Zwar hat die Autoindustrie Software-Nachrüstungen für Dieselfahrzeuge zugesagt, nicht aber eine Nachrüstung der Hardware. „Sie haben immer gesagt: Geht nicht, funktioniert nicht, ist zu teuer“, sagt Winfried Hermann, Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg.
Zwei PKW und zwei Transporter im Nachrüst-Test
Was eine Hardware-Nachrüstung von Dieselfahrzeugen tatsächlich bringen würde, hat jetzt der ADAC Württemberg überprüft. Dafür kaufte die Tester vier gebrauchte Euro 5-Dieselfahrzeuge, zwei PKW und zwei Transporter. „Bei der Auswahl der Fahrzeuge war entscheidend, unterschiedliche Hubräume abzudecken und Dieselmotoren mit einer möglichst weiten Verbreitung auszuwählen“, erklärt Thomas Kassner vom ADAC Württemberg. „Die Transporter wurden ausgewählt, um auch den typischen innerstädtischen Liefer- und Handwerkerverkehr abzubilden.“
Im ADAC Technik Zentrum wurden zunächst die Emissionen der vier Fahrzeuge im Serienzustand gemessen – sowohl auf dem Prüfstand als auch im Realbetrieb auf der Straße. Wie erwartet lagen die realen Stickoxidemissionen der serienmäßigen Euro 5-Modelle ohne SCR-Umrüstung zum Teil dramatisch über den gesetzlichen Grenzwerten. Dann erfolgte die Umrüstung. Für Entwicklung, Einbau und Tests der Hardware hatten die Nachrüster nur wenige Wochen Zeit. Anschließend wurden die Fahrzeuge erneut getestet.
Bis zu 70 Prozent weniger NOx-Ausstoß
Das Ergebnis: Auf dem Prüfstand stießen die umgerüsteten Fahrzeuge schon nach dem Kaltstart zwischen 44 und 61 Prozent weniger Stickoxide im simulierten Stadtverkehr aus. Sobald die Autos ihre Betriebstemperatur erreicht hatten, lagen die Reduktionsraten sogar bei über 70 Prozent. Beim simulierten Fahren außerhalb von Ortschaften sank der NOx-Ausstoß sogar um bis zu 90 Prozent, wie die ADAC-Tester berichten.
Dass auch im realen Verkehr auf der Straße niedrige NOx-Emissionen erreicht werden können, ergaben die RDE-Messungen im realen Fahrbetrieb. Selbst unter ungünstigen Bedingungen mit kalten Temperaturen um vier Grad sanken die Abgaswerte der umgerüsteten Fahrzeuge deutlich. „Es wird zwar deutlich, dass die SCR-Nachrüstungen bei niedrigen Temperaturen noch Optimierungspotential haben, aber die Ergebnisse zeigen sehr klar das Potential dieser Technik“, sagt Reinhard Kolke, Leiter Test und Technik ADAC
Bis 25 Prozent bessere Luftqualität
Was die Hardware-Nachrüstung für die dicke Luft in den Innenstädten bedeuten würde, haben die ADAC-Forscher auf Basis ihrer Ergebnisse hochgerechnet. Demnach könnte beispielsweise am Stuttgarter Neckartor die NOx-Belastung um bis zu 25 Prozent sinken, wenn rund 70 Prozent der Euro-5-Diesel nachgerüstet würden. Betrachtet man die anderen Regionen, sieht das Emissionsminderungspotential nach Angaben des ADAC ähnlich aus.
„Der Test des ADAC Württemberg hat die Fake News der Industrie endgültig widerlegt: Hardware-Nachrüstung funktioniert“, konstatiert Dieter Roßkopf, Vorstandsvorsitzender des ADAC Württemberg. „Politik und Industrie sind jetzt gefordert, schnell zu handeln.“ Die Markteinführung erster Nachrüstsysteme in Großserienfertigung sei zeitnah möglich – vorausgesetzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen werden geschaffen und die Autoindustrie kooperiert.
Was aber wären die Kosten einer solchen Hardware-Nachrüstung? Auch das hat der ADAC ausgerechnet. Demnach würde der Einbau der Hardware zwischen 1.400 Euro bis 3.300 Euro kosten.
Der Kraftstoffverbrauch und CO2-Ausstoß der Fahrzeuge steigen durch die SCR-Nachrüstung um ein bis sechs Prozent. Der Verbrauch des Abgasreinigungsmittels AdBlue bewegt sich in einer Spanne von 1,5 bis 2,8 Liter pro 1.000 Kilometer.
(ADAC, 21.02.2018 – NPO)