Umwelt

4,5 Millionen Feinstaub-Tote pro Jahr

Nach Asien hat Europa die meisten Todesfälle durch Feinstaub und Co

Bedrohliche Luftverschmutzung: Die Belastung mit Feinstaub und die damit verbundenen Todesfälle sind weltweit weiter gestiegen © iStock.com

Schleichender Tod: Die Verschmutzung der Luft mit Feinstaub hat allein im Jahr 2015 fast 4,3 Millionen Todesopfer gefordert, wie eine neue Erhebung belegt. Am meisten Todesfälle gibt es in Asien, dann jedoch folgt an zweiter Stelle Europa. Todesursachen sind vor allem Herzinfarkt und Schlaganfall, aber auch Lungenkrebs und Atemwegserkrankungen. Zudem sind die Feinstaubbelastungen in den meisten Regionen weiter angestiegen, wie die Forscher berichten.

Feinstaub entsteht bei der Verbrennung von Holz und Kohle, in der Industrie, im Verkehr, aber auch bei der Landwirtschaft. Die winzigen Partikel dieser Emissionen können tief in die Lunge eindringen und dadurch im Laufe der Zeit schwerwiegende Gesundheitsschäden hervorrufen. So kann Feinstaub Atemwegsentzündungen, Lungenkrebs und Asthma fördern, aber auch Herzinfarkte und Schlaganfälle. Zudem stehen die Mikropartikel im Verdacht, die Wirkung von Antibiotika zu hemmen und sogar das Gehirn zu schädigen.

Weltweite Bilanz

Im Jahr 2015 hatten Forscher erstmals ermittelt, wie viele Menschen weltweit an den Folgen der Feinstaubbelastung sterben. Basierend auf Werten kamen damals auf 3,15 Millionen Todesfälle pro Jahr – schon das ein alarmierender Befund.

Jetzt haben Jos Lelieveld vom Max-Planck-Institut für Chemie im Mainz und seine Kollegen erneut die Zahl der Todesfälle durch Feinstaub und Ozon ermittelt. Dafür nutzten sie ein globales Atmosphärenchemiemodell und verknüpften die darin enthaltenen Feinstaubwerte mit Daten über die Bevölkerungsstrukturen sowie Krankheiten und Todesursachen in den einzelnen Ländern. Erstmals ermittelten sie dabei gezielt, wie viele Kinder durch die partikuläre Luftverschmutzung sterben.

4,28 Millionen Todesfälle

Das Ergebnis: Die Konzentration von Feinstaub, denen Menschen auf der Welt im Schnitt ausgesetzt sind, ist in der Zeit von 2000 bis 2015 weiter angestiegen. Die Belastung erhöhte sich von etwa 40 auf 44 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Das liegt mehr als das Vierfache über der Konzentration von 10 Mikrogramm, die von der WHO als Grenzwert empfohlen wird.

Sterberate durch Feinstaub pro 1.000 Quadratkilometer und Jahr © MPI für Chemie

Die Folge: Im Jahr 2015 sind weltweit 4,28 Millionen Menschen weltweit an von Feinstaub verursachten Krankheiten gestorben – das sind gut eine Million Todesfälle mehr als bei der vorherigen Erhebung. Auslösende Krankheiten waren vor allem Herzerkrankungen und Schlaganfälle, aber auch Lungenkrebs und Entzündungen der tiefen Atemwege, wie die Forscher berichten.

Durch frühzeitigen Tod gingen der Menschheit in 2015 nach diesen Berechnungen 122 Millionen Lebensjahre verloren. „Die ermittelten Zahlen sind vorsichtig geschätzt, weil wir weitere Krankheiten, die ebenfalls mit der Luftverschmutzung im Zusammenhang stehen könnten, nicht berücksichtigt haben“, sagt Lelieveld.

Europa am zweitstärksten betroffen

Am stärksten betroffen ist dabei Asien mit 3,4 Millionen zusätzlichen Todesfällen, wie die Forscher berichten. Dort tragen vor allem offene Herdfeuer, aber auch die verstärkte Kohlenutzung zur Feinstaubbelastung der Luft bei. „In Asien ist die durch Luftverschmutzung bedingte Mortalität zwischen 2010 und 2015 um fast zehn Prozent angestiegen“, so Lelieveld und seine Kollegen.

Europa aber folgt an zweiter Stelle – noch deutlich vor den USA. Bei uns liegt die Zahl von zusätzlichen Todesfällen durch Feinstaub bei 372.000 pro Jahr. Gleichzeitig ermittelten die Forscher eine durchschnittliche Belastung der Luft von 25 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft – mehr als zehnfach über den als sicher geltenden Grenzwerten.

An dritter Stelle liegt Afrika. Dort ist die Wahrscheinlichkeit, wegen schlechter Atemluft zu sterben, wegen schlechter medizinischer Versorgung und Mangelernährung besonders hoch. In Afrika südlich der Sahara gehen rund 20 Prozent der Kindersterblichkeit auf die Luftverschmutzung zurück, wie die Wissenschaftler berichten. Allein im Jahr 2015 starben dort mehr als 400.000 Kinder an den Folgen von Feinstaub und Co.

„Um die Todesfälle von Kindern durch Luftverschmutzung zu verhindern, ist eine Dreifach-Strategie nötig“, sagt Atmosphärenforscher Lelieveld: „Ausreichende Ernährung, eine verbesserte medizinische Versorgung und bessere Luftqualität.“ (The Lancet Planetary Health, 20918: doi: 10.1016/S2542-5196(18)30147-5)

(Max-Planck-Gesellschaft, 02.07.2018 – NPO)

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