Klima

Geo-Engineering: Weitere Erwärmung der Ozeane?

Kühlstrategien können Anstieg des Meeresspiegels womöglich nicht aufhalten

Was bringt Geo-Engineering? © 1xpert/ iStock.com

Wenig effektiv: Die künstliche Abschirmung von Sonnenlicht mithilfe von Aerosolen könnte weniger wirksam sein als gedacht. Denn diese Form des Geo-Engineerings kann zwar die globale Erwärmung der Atmosphäre anhalten – nicht aber die der Ozeane, wie Modellsimulationen zeigen. Veränderungen der Meeresströmungen führen demnach dazu, dass sich vor allem die Polarmeere weiter erwärmen. Die Folge: Der Meeresspiegel steigt weiter an.

Climate- oder Geo-Engineering gilt als Plan B im Klimaschutz: Wenn wir es schon nicht schaffen, unsere Emissionen zu senken und die Erderwärmung dadurch zu stoppen, dann sollen eben großtechnische Eingriffe in das Klimasystem dafür sorgen. Diskutiert wird in diesem Zusammenhang beispielsweise eine Eisendüngung der Meere, die Speicherung von CO2 im Untergrund oder die Verringerung der Sonneneinstrahlung.

Letzteres wäre beispielsweise realisierbar, indem man reflektierende Schwebeteilchen in die Atmosphäre bläst. Diese können die Erde von einem Teil des Sonnenlichts abschirmen und ein Absinken der Temperaturen hervorrufen – im kleinen Stil lässt sich ein ähnliches Phänomen nach Vulkanausbrüchen beobachten.

Effekt auf die Weltmeere

Simulationen zeigen, dass diese Methode zwar tatsächlich für Kühlung sorgen könnte. Doch gleichzeitig kommt sie womöglich mit Nebenwirkungen wie weniger Niederschlag über Land daher. Einen weiteren potenziellen Nachteil derartiger Kühlstrategien haben nun Wissenschaftler um John Fasullo vom National Center for Atmospheric Research in Boulder aufgedeckt: Sie schaffen es offenbar nicht, die Erwärmung der Ozeane vollständig aufzuhalten.

Um herauszufinden, wie sich das Einbringen von Aerosolen in die Atmosphäre auf die Weltmeere auswirkt, nutzte das Forscherteam ein gängiges Geoengineering-Modell. Dieses spielt anhand mehrerer Computersimulationen durch, was passiert, wenn zwischen 2020 und 2099 regelmäßig Sulfatpartikel in die Stratosphäre eingebracht werden. Die Freisetzung der Teilchen erfolgt dabei gleichzeitig an mehreren Orten weltweit und in beiden Hemisphären.

Regenmangel beeinflusst Strömungen

Die Analysen offenbarten: Tatsächlich würde es durch diese Maßnahme gelingen, die Atmosphäre zu kühlen und die globale Durchschnitttemperatur konstant zu halten – anders als in einem Szenario, in dem weder Geo-Engineering noch effektiver Klimaschutz stattfindet. Gleichzeitig nehmen wie erwartet aber auch die weltweiten Regenmengen ab und genau das scheint der entscheidende Punkt zu sein.

Denn wie die Forscher herausfanden, könnte dies bestimmte Meeresströmungen in den Ozeanen beeinflussen. Den Ergebnissen zufolge verändern sich die Regenmuster nicht überall gleichermaßen stark, sondern vor allem über dem Nordatlantik. Weniger Regen führt dort dazu, dass der Salzgehalt dieser Ozeanregionen steigt und die Dichte des Wassers zunimmt.

Umwälzpumpe wird schneller

Diese höhere Dichte wiederum könnte demnach eine wichtige Umwälzpumpe für die großen Strömungen der Weltmeere ankurbeln: die Atlantische Meridionale Umwälzströmung (AMOC). Diese Pumpe spielt eine bedeutende Rolle für den Wärmeaustausch und würde durch die Geoengineering-Maßnahme mehr Hitze in der Tiefe „vergraben“, wie Fasullo und seine Kollegen berichten.

Konkret zeigt das Modell dabei: Während sich das Oberflächenwasser in einigen Regionen sogar abkühlt, steigt der Wärmegehalt des Ozeanwassers insgesamt in vielen Bereichen weiter an – vor allem im Arktischen Meer bei Grönland und im Südpolarmeer. „Diese Veränderungen bedeuten, dass die Eisschmelze und der Anstieg des Meeressspiegels weiter voranschreiten werden. Wenngleich dieser Prozess vermutlich langsamer vonstattengehen wird als in einem Business-as-usual-Szenario“, schreiben die Forscher. Inwiefern die Eisschmelze den Salzgehalt wieder senken und den Effekt des fehlenden Regens damit ausgleichen könnte, bleibt allerdings unklar.

Komplexe Folgen

Zusätzlich zeichnete sich ab, dass die veränderte AMOC auch Auswirkungen auf die Intensität der Monsune in Südamerika, Afrika und Indien haben könnte und zudem womöglich die Hurrikan-Aktivität über dem Atlantik beeinflusst. „Wie genau, darüber bestehen noch große Unsicherheiten“, sagt das Team.

Insgesamt zeigen die Ergebnisse jedoch wieder einmal: „Die Folgen von Geoengineering-Maßnahmen sind komplex und in ihre Gänze bisher wahrscheinlich kaum vorhersehbar“, schließen die Wissenschaftler. Bevor Interventionen wie diese sicher zum Einsatz kommen können, müssen wir demzufolge erst einmal eines schaffen: ihre Effekte noch besser vorhersagen. (Nature Geoscience, 2018; doi: 10.1038/s41561-018-0249-7)

(Nature Press, 30.10.2018 – DAL)

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