Frauen mit einem erblich bedingten erhöhten Brustkrebsrisiko erkranken seltener am so genannten Mammakarzinom, wenn sie mehrere Schwangerschaften hinter sich haben. Zu diesem Ergebnis kommt die internationale Studie IBCCS (International BRCA1/2 Carrier Cohort Study), an der auch das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) beteiligt ist.
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Es ist bekannt, dass Frauen mit Mutationen in den Genen BRCA1 und BRCA2 ein erhöhtes Brustkrebsrisiko haben. In der Normalbevölkerung wirken sich die Zahl der Schwangerschaften, die erste Schwangerschaft in jungen Jahren und Stillen als Schutzfaktoren aus. Wie sieht es aber bei den Mutationsträgerinnen aus? Um dieser und anderen Fragen nachzugehen, wurde die IBCCS-Studie von mehreren Forscherkollegen in Frankreich, Großbritannien, den Niederlanden, Schweden, Deutschland und Kanada initiiert. Alle Studienteilnehmerinnen hatten eine Mutation in den Brustkrebsgenen BRCA1 oder BRCA2, davon waren 853 an Brustkrebs erkrankt.
Professorin Jenny Chang-Claude vom DKFZ, Dr. Nadine Andrieu vom Nationalen Institut für Gesundheit und medizinische Forschung (INSERM) in Frankreich, und Kollegen untersuchten anhand der Daten von 1.600 Studienteilnehmerinnen, ob und wie sich Faktoren der reproduktiven Phase wie Stillen, Schwangerschaft, Zeitpunkt der ersten Schwangerschaft, Fehlgeburten, Schwangerschaftsabbruch bei diesen Frauen auf das Brustkrebsrisiko auswirken. Die Wissenschaftler stellten dabei fest, dass das Brustkrebsrisiko von Frauen mit einem Kind genauso hoch ist wie bei Frauen ohne Kindern.
Brustkrebsrisiko sinkt pro Kind um 14 Prozent
Unter den Frauen mit mehreren Kindern hatten jedoch Mütter mit jedem weiteren Kind ein um 14 Prozent niedrigeres Risiko ab einem Alter von 40 Jahren an Brustkrebs zu erkranken. Der positive Effekt geht, so die Wissenschaftler, möglicherweise darauf zurück, dass die milchproduzierenden Zellen im Drüsengewebe der Brust erst während einer Schwangerschaft vollständig ausreifen. Denn mit zunehmendem Reifungsgrad der Zellen nimmt die Neigung zu entarten ab, vermuten die Forscher.
Ein deutlicher Unterschied zeigte sich in der Studie, wenn die Epidemiologen das Krebsrisiko nach Art der Mutation bewerteten: Unter den Frauen mit Mutation im BRCA2-Gen war das Krebsrisiko im Vergleich zu Erstgebärenden unter 20 Jahren etwa doppelt so hoch, wenn die erste Geburt in einem späteren Lebensalter erfolgte. Bei Trägerinnen einer Mutation im BRCA1-Gen stellten die Wissenschaftler genau das Gegenteil fest: Das Risiko, an einem Mammakarzinom zu erkranken, war bei den Frauen niedriger, die ihr erstes Kind erst in einem Alter von 30 oder mehr Jahren bekamen.
Nach Angaben der Wissenschaftler spielte es keine Rolle für das Krebsrisiko, ob die Schwangerschaften durch eine Fehlgeburt oder eine Abtreibung vorzeitig beendet wurden. Auch die Stillgewohnheiten scheinen bei Mutationsträgerinnen keinen Einfluss auf das Erkrankungsrisiko zu haben.
(idw – Deutsches Krebsforschungszentrum, 24.05.2006 – DLO)