Nashörner gehören weltweit zu den bedrohtne Tierarten. Bisher aber waren Versuche einer Erhaltungszucht in Zoos und Tiergärten nicht sehr erfolgreich. Jetzt erforscht eine Tiermedizinerin, wie Nahsornsperma so konvserviert werden kann, dass es möglich wenig an seiner Fruchtbarkeit verliert und so die bisher kaum erfolgreiche Nachzucht erleichtert.
Catherine Reid hat sich ein äußerst ungewöhnliches Thema für ihre Doktorarbeit ausgesucht: Die junge Tierärztin aus den USA erforscht Möglichkeiten, Nashorn-Sperma zu konservieren. Dazu arbeitet sie im Team von Dr. Thomas Hildebrandt am Berliner Leibniz-Institut für Zoo- und Wildtierforschung. Dessen Gruppe war es, die vor zwei Jahren gemeinsam mit Experten aus Deutschland, Österreich und Ungarn erstmals eine Nashornkuh erfolgreich künstlich besamt hatte. „Die Kollegen nutzten dazu Sperma von einem Bullen, der im selben Zoo lebte“, berichtet die Amerikanerin. Der Vorteil: Das Ejakulat war kurz vor der Besamung gewonnen worden, die Vitalität der Spermien war daher nicht beeinträchtigt.
Reids Aufgabe ist es nun, unter der fachlichen Betreuung von Dr. Robert Hermes, nach Möglichkeiten zu suchen, Nashornsperma so zu konservieren, dass es lange haltbar ist und möglichst wenig von seiner Fruchtbarkeit verliert. Das klingt nach einem „Orchideenthema“ für eine Dissertation, doch die Bedeutung der Kryokonservierung von Sperma für die Zucht bedrohter Arten ist sehr hoch. Catherine Reid erläutert: „Eine Bestandsaufnahme der Breitmaulnashorn-Population ergab, dass die Fortpflanzungsrate weltweit in den zoologischen Einrichtungen nur bei acht Prozent liegt.“
Obwohl in Europa 55 Prozent aller weiblichen Tiere im fortpflanzungsfähigen Alter seien, hätten sich bisher nur 15 Prozent der Tiere reproduziert; die meisten davon nur einmal. Reid: „Diese Bilanz zeigt, dass die Population nicht selbsterhaltend ist.“ Um so wichtiger sei es, geeignete Wege zu finden, das Sperma von Nashornbullen zu konservieren, betont die Nachwuchsforscherin, die mit einem Stipendium der Studienstiftung des Berliner Abgeordnetenhauses am IZW arbeitet. Kürzlich stellte sie ihr Forschungsvorhaben den Gutachtern der Stiftung zur Weiterförderung vor.
Konservierung wichtig für Erhaltungszucht
Aber könnte man nicht einfach weiter mit frischem Sperma arbeiten? Catherine Reid antwortet: „Das schränkt die Möglichkeiten der Zucht stark ein.“ Denn eine künstliche Befruchtung funktioniert mit frischem Sperma nur, wenn ein geeigneter Bulle – fruchtbar und nicht mit der Nashornkuh verwandt – in der Nähe ist. Das ist nicht immer der Fall. So müssen für Zuchtvorhaben Nashörner über weite Strecken transportiert werden. Das ist teuer, risikoreich für die Tiere, und die Erfolgsaussichten sind nicht sehr groß. Bislang ist eine künstliche Befruchtung weltweit erst zweimal Mal geglückt, und natürliche Paarungen in Gefangenschaft sind rar. Besonders prekär: Gerade die seltensten Nashornarten der Welt – etwa das Sumatra- oder das Nördliche Breitmaulnashorn – pflanzen sich in den Tierparks fast gar nicht fort.
Um so wichtiger wäre eine erfolgreiche Konservierung der Spermien mittels Einfrieren: Die Spermien wären auch nach dem Tod eines Bullen für die Besamung verfügbar, Tiertransporte zur Paarung würden durch die Nutzung von Gefriersperma überflüssig und es könnten auch große Entfernungen per Spermientransport überbrückt werden. „Außerdem wäre es möglich, neue Gene aus einer Wildpopulation in die Zuchtprogramme der Zoos zu integrieren“, sagt Catherine Reid, „ohne dass man dafür Tiere aus der Wildnis importieren muss.“
Schnell oder langsam?
Worum geht es nun in ihrer Untersuchung? Vereinfacht gesagt besteht die Wahl zwischen zwei Möglichkeiten des Gefrierverfahrens. „Man kann die Spermien sehr schnell mit flüssigem Stickstoff tiefkühlen oder sie langsamer einfrieren“, sagt Reid. Bei der ersten Methode werden kleine Mengen des Spermas sehr schnell auf extrem tiefe Temperaturen gebracht – „das kann aber zu Eiskristallbildung führen, die dann wiederum die Spermien zerstört“, sagt die Wissenschaftlerin. Daher arbeitet sie mit ihren Kollegen aus dem IZW an einer langsameren Gefriermethode, bei der auch größere Mengen eingefroren werden. Zunächst wird das Ejakulat dazu auf 5 Grad Celsius gekühlt, danach auf minus 70 Grad. Die Forscherin weiter: „Darüber hinaus testen wir verschiedene Zusätze, die die Vitalität der Spermien nach dem Auftauen verbessern sollen.“
Noch ist ihre Dissertation nicht abgeschlossen und nach wie vor ist die Zucht von Nashörnern in Zoos ein Abenteuer mit ungewissem Ausgang. Doch das Team in der Forschungsgruppe Reproduktionsmanagement des IZW setzt alles daran, die Methoden so zu verfeinern, dass die besonders bedrohten Arten durch Zuchtprogramme erhalten werden können. Catherine Reid will mit ihrer Arbeit dazu beitragen. Die Gutachter der Studienstiftung des Berliner Abgeordnetenhauses hat sie schon vom Wert dieser Forschung überzeugt – ihr Stipendium wurde verlängert.
(Forschungsverbund Berlin e.V. (FVB), 23.06.2006 – NPO)