Die Magellans und Columbusse der heutigen Zeit überqueren nicht die Weltmeere, sondern die unerforschte See der chemischen Elemente. Dabei entdeckten sie die lange gesuchte „Insel der Stabilität“, eine neue Klasse superschwerer Elemente. Jetzt scheinen sich sogar die Küsten noch weiterer solcher „chemischer Inseln“ abzuzeichnen.
Das Periodensystem der Elemente kennen alle von uns aus dem Chemieunterricht. Säuberlich in Gruppen eingeteilt gibt es einen Überblick über die Bausteine aller Materie, die verschiedenen Sorten der Atome. Die ersten 92 Elemente existieren von Natur aus, alle weiteren wurden durch Kollisionen in Teilchenbeschleunigern künstlich hergestellt. Dabei schießen die Chemiker Atome aufeinander und erzeugen durch Verschmelzung zweier leichterer Elemente ein superschweres.
Normalerweise sind die schweren Elemente instabil und zerfallen sehr schnell wieder. Sie bilden damit quasi das instabile Meer, in dem die leichteren, stabilen Elemente das „Festland“ darstellen. Vor wenigen Jahren hatten nun Wissenschaftler um Yuri Oganessian vom russischen Institut für Kernforschung in Dubna erstmals superschwere Elemente erzeugt, die nicht so extrem kurzlebig wie die anderen waren. Damit bestätigten sie experimentell eine seit mehr als 30 Jahren postulierte Theorie.
Neue „Küste“ in Sicht?
Die Elemente 113, 114, 115, 116 und 118 bilden demnach eine Art „Insel der Stabilität“ im Meer der Instabilen. Jetzt glauben die Forscher um Oganessian, dass es jenseits dieser ersten Insel noch mindestens eine weitere geben könnte. „Die nächste Insel liegt weit von der ersten entfernt“, erklärte Oganessian auf der Konferenz der Amerikanischen Chemischen Gesellschaft.
Wie weit, ist noch nicht klar. Oganessian vermutet sie jedoch irgendwo im Bereich des Elements 164 – ziemlich weit weg von allen heutigen Versuchen, ein Element 120 zu erzeugen. Um die zweite Insel der Stabilität zu erreichen, bedarf es nach Ansicht der Wissenschaftler nicht nur tieferer Einsichten in die Eigenschaften der superschweren Elemente, sondern auch neuer, noch stärkerer Teilchenbeschleuniger.
Praktische Anwendung noch fraglich
Noch liegt der Schwerpunkt der „Elementsucher” allein auf der Entdeckung. Welchen praktischen Nutzen diese neuen Materiebausteine einmal haben könnten, ist noch nicht klar. Immerhin aber werden bereits einige der künstlichen Elemente zum Wohl von Menschen eingesetzt: So wird das Element 95 – Americium – in Rauchmeldern und medizinischen Durchleuchtungsgeräten verwendet. „Ich möchte nicht rumfantasieren, aber wenn wir eine Methode zur Erzeugung der superschweren Elemente in größeren Mengen finden, dann bin ich sicher, dass wir auch eine nützliche Anwendung für sie finden“, so Oganessian.
(American Chemical Society, 09.04.2008 – NPO)