Wie gestresst sind wir? Das soll uns künftig eine neue bequeme Messweste mitteilen, die jetzt Forscher im EU-Projekt CONTEXT entwickeln. Ob beim Sporttraining oder bei Computerspielen – das Kleidungsstück liest die elektrische Erregung der Muskulatur ab und ermittelt daraus den aktuellen Stresszustand.
Herzstück der Weste ist „Wearable electronic“ – tragbare Elektronik. Dazu gehören zum einen in den Stoff eingewebte Sensoren, die die elektrische Erregung der Muskelfasern wahrnehmen und zum anderen dünne leitfähige Fasern, die die Signale zu einer Auswerteelektronik leiten.
Je nach Stresszustand verändert sich die Muskelspannung eines Menschen – je gestresster, desto eher erzeugen die Muskeln eine kaum spürbare synchrone Zitterbewegung. Diese Veränderung registrieren die Elektroden.
Die Idee zu der Mess-Joppe stammt von Biomedizinern der Katholischen Universität im belgischen Leuven. Für Stress-Studien benötigten sie ein unauffälliges Messinstrument. Bislang hatten sie ihren Probanden wie üblich Elektroden direkt auf die Brust geklebt. Wie sich zeigte, verursachte aber bereits dieses Prozedere Stress. Die Versuche lieferten daher nur wenig brauchbare Informationen.
Entspanntere Versuchsatmosphäre
Die neue Weste soll künftig für eine entspanntere Versuchsatmosphäre sorgen. Die Projektpartner denken noch an weitere Anwendungen, unter anderem an ein Westenmodell für Computerspiele: Durch gezieltes Anspannen der Oberkörpermuskulatur könnte man damit Spielfiguren auf dem Monitor steuern und zum Beispiel Helden Fesseln und Ketten sprengen lassen. Auch ein Einsatz im Arbeitsschutz wäre denkbar. Die Weste könnte darüber wachen, dass Arbeiter nicht zu schwer heben. Und Sporttrainer könnten an dem Elektro-Wams ablesen, ob die Sportler bereits an der Leistungsgrenze kämpfen oder noch Reserven haben.
„Wichtigste Voraussetzung für den Alltagseinsatz ist eine robuste Elektronik“, sagt Torsten Linz vom Berliner Fraunhofer-Institut für Zuverlässigkeit und Mikrointegration IZM, der als Projektpartner für das „Packaging“, das Verpacken, zuständig ist. So soll die ganze Elektronik wasser- und schweißfest sein. Die elektrischen Leiter dürfen auch nach mehrmaligem Waschen nicht ausfransen, und die Sensoren sollten des Tragekomforts wegen nicht größer als Knöpfe sein.
Weste bereits im Praxistest
Inzwischen haben die IZM-Forscher stabile metallische Fasern, wasserdichte Anschlüsse und widerstandsfähige Sensorknöpfe entwickelt. In den nächsten Monaten steht die Integration der Auswerteelektronik an. Dass die Weste bereits funktioniert, zeigten die Projektpartner beim Feld-Hockeytraining. Dank der Weste konnten die Hockeyspieler den Zeitpunkt des Abschlags optimieren und den Ball deutlich weiter schlagen.
(idw – Fraunhofer-Gesellschaft, 02.07.2008 – DLO)