Die ESA-Sonde Venus Express hat jetzt entdeckt, dass die Venus nicht nur an ihrer Nachtseite, sondern auch an ihrer Tagseite jede Menge Wasserstoff ins All verliert. Der Sonnenwind reißt das Gas aus ihrer von keinem Magnetfeld abgeschirmten oberen Atmosphäre. Da zumindest an der Nachtseite auch Sauerstoff entweicht, könnte dies erklären, warum die Venus heute nur noch so wenig Wasser besitzt.
Wasser ist ein Schlüsselmolekül für Leben. Auf der Erde ist es reichlich vorhanden, aber auf anderen Planeten oft Mangelware. So auch auf der Venus. Auch wenn, wie die Planetenforscher glauben, die Erde und ihr fast gleich großer Schwesterplanet einmal mit ungefähr der gleichen Menge des kostbaren Nass begonnen haben, enthalten heute die Ozeane und die Atmosphäre unseres Heimatplaneten rund 100.000 Mal mehr Wasser. Wo aber ist das Wasser der Venus hin?
Wasserstoff entweicht ins All
Im letzten Jahr lieferte die Sonde Venus Express eine der Antworten auf diese Frage: Der „Analyser of Space Plasma and Energetic Atoms“ (ASPERA) an Bord registrierte einen ganzen Schweif von Wasserstoff- und Sauerstoffmolekülen, der kontinuierlich von der Venus aus ins All hinaus geweht wurde. Da das Verhältnis beider Molekülsorten im „Schweif“ des Planeten bei rund 2:1 lag, schließen die Forscher daraus, dass die Quelle dieser Gase Wasser sein könnte, das in der Atmosphäre zerfällt.
Das Magnetometer Instrument der Venus Express hat jetzt auch auf der Tagseite der Venus die eindeutigen Spuren eines Wasserstoffverlusts nachgewiesen. „Das ist zwar ein Prozess, der von der Venus auch angenommen wurde“, erklärt Magda Delva von der österreichischen Akademie der Wissenschaften in Graz und Leiterin dieses Projektteils, „aber das ist das erste Mal, dass wir es auch gemessen haben.“ In jeder Sekunde, das zeigen die Daten, verliert der Planet 2×10 hoch 24 Wasserstoffkerne – angesichts der ohnehin geringen noch verbliebenen Wassermenge auf der Venus ist das sehr viel.
Sonnenwind ist schuld
Aber was löst diesen Gasstrom aus? Die Ursache dafür ist die Sonne. Weil die Venus im Unterschied zur Erde kein Magnetfeld besitzt, ist ihre Atmosphäre nahezu ungeschützt dem ständigen Einfluss des Sonnenwinds ausgesetzt. Wenn dieser mit elektrischen und magnetischen Feldern angereicherte Strom aus energiereichen geladenen Teilchen auf die obere Atmosphäre trifft, reißt er Teilchen mit sich ins All hinaus.
Woher kommt der Wasserstoff?
Über die rund 4,5 Milliarden Jahre seit der Bildung der Planeten hat die Venus nach Ansicht der Forscher wahrscheinlich genau dadurch den Großteil ihres Wassers verloren. Noch allerdings ist das nicht bewiesen. Erst müssen die Forscher nachweisen, dass auch auf der Tagseite Wasserstoff und Sauerstoff, also beide Komponenten des Wassermoleküls, im typischen 2:1 Verhältnis ins Weltall gerissen werden. Bisher war dies nicht der Fall: „Ich schaue auf meine Magnetometerdaten, aber bisher kann ich keine Signatur von entweichendem Sauerstoff finden“, so Delva.
Und noch ein Rätsel ist ungelöst: Die Daten sowohl der Tag- als auch der Nachtseite lassen darauf schließen, dass sich in der oberen Atmosphäre mehr als doppelt so viel Wasserstoff befinden muss wie zuvor angenommen. Die Frage ist nun, woher dieses Gas kommt. Die Venus wird damit ihrem Ruf als die „geheimnisvoll Verschleierte“ noch immer gerecht.
(ESA, 29.12.2008 – NPO)