Die kreidezeitlichen Flugsaurier waren riesig – so groß, dass sie nach bisherigen Annahmen nicht von flachem Boden in die Luft starten konnten. Doch jetzt widerspricht dem ein Forscher, der stattdessen belegt, dass sie eine alternative Startmethode genutzt haben könnten: Den Start mithilfe einer Art Froschsprung, bei dem auch die Flügel wie Beine wirken und für Schub sorgen.
Flugsaurier sind die größten Tiere, die sich jemals in die Luft erhoben haben. Mit Flügelspannweiten von bis zu zwölf Metern, einer Körpergröße ähnlich der einer Giraffe und einer Masse von rund 200 Kilogramm sind sie größer als jeder heute lebende Vogel. Lange Zeit nahmen Wissenschaftler daher an, dass die großen Pterosaurier bestenfalls von Klippen herab segeln, nicht aber aus eigener Kraft von flachem Boden aus starten konnten.
Doch Michael B. Habib vom Zentrum für funktionale Anatomie und Evolution der Johns Hopkins University School of Medicine widerspricht dieser gängigen Ansicht und belegt, dass die vorzeitlichen Riesen mithilfe einer anderen Startstrategie sehr wohl abheben konnten. „Wir alle haben schon Vögel abheben sehen, daher ist uns das vertraut“, erklärt Habib. „Aber bei Pterosauriern, die seit 65 Millionen Jahren ausgestorben sind und deren fossile Geschichte 250 Millionen Jahre zurück geht, gilt das vermeintlich Vertraute nicht.“
Flugsaurier waren zu schwer für klassischen zweibeinigen Start
Ein völliger Missgriff ist Habibs Ansicht nach daher die Vorstellung eines vogelähnlichen, zweifüßigen Starts. Vögel starten, indem sie sich mit den Hinterbeinen Schub geben. Die Flügel sind dabei mehr oder weniger passiv oder flattern. Erst wenn sie in der Luft sind, kommen die Schwingen zum Tragen. Je größer die Tiere werden, desto massiver müssen die Muskeln in Rücken und Hinterbeinen sein. Sie sind daher gleichzeitig der limitierende Faktor für die Größenentwicklung der Vögel: Werden die Muskeln zu schwer, kann ein solches Tier nicht mehr abheben.
Die Pterosaurier könnten wegen ihrer enormen Größe und ihres Gewichts daher schon aus physikalischen Gründen nicht allein durch die Kraft ihrer Hinterbeine und den Auftrieb ihrer Vorderflügel in die Luft gelangen. „Wenn ein Lebewesen wie ein Vogel abhebt, dürfte es auch nur so groß werden wie der größte Vogel“, so Habib.
Wie aber schafften es die riesenhaften Flieger, dennoch abzuheben? Um dies herauszufinden analysierte Habib Computerscans und geometrische Daten von 155 Vogelexemplaren aus 20 Arten. Er ermittelte daraus die Knochenstärke in den Extremitäten und verglich diese mit derjenigen von drei Arten von Flugsauriern. Die strukturelle Stärke in Bezug auf Länge und Durchmesser eines Knochens gibt an, wie viel Druck dieser aushalten kann bevor er bricht.
Vier Beine als Startantrieb
Als Habib die Pterosaurierwerte in die klassischen bipedalen Startmodelle eingab, ergab dies immer das gleiche Ergebnis: die Kolosse hätten so – nach Vogelart angetrieben allein durch die Hinterbeine – nicht abheben können. Es blieb nur eine Möglichkeit: Die Pterosaurier mussten alle vier Extremitäten als Starthilfe genutzt haben. Die Flügel setzten sie dabei wie Vorderbeine ein und stießen sich auch mit deren Hilfe vom Boden ab.
Habib beschreibt diese Starttechnik als Froschsprünge: „Indem sie alle vier Beine zum Schub nutzten, brauchten sie weniger als eine Sekunde um von flachem Boden abzuheben“, so Habib. „Das war nicht gerade schlecht, wenn man in der Kreidezeit lebte und gewaltige Tyrannosaurier herumwanderten.“
(Johns Hopkins University, 07.01.2009 – NPO)