Umwelt

Mineralwasser mit Umwelthormonen belastet

Östrogene in zwölf von 20 Proben nachgewiesen

Wissenschaftler haben Mineralwasser genauer unter die Lupe genommen – mit beunruhigenden Ergebnissen: Zwölf von 20 Proben waren mit Umwelthormonen belastet und hatten damit laut Forschern „hormonell gesehen die Qualität von Kläranlagenabwasser“.

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Ob bei der Arbeit, beim Sport oder zu Hause: Mineralwasser ist aus unserem Leben nicht wegzudenken. Im Durchschnitt wurden in Deutschland im vergangenen Jahr 138 Liter davon getrunken; die Branche glänzt mit stetig steigenden Absatzzahlen. Im Rahmen eines vom Umweltbundesamt (UBA) geförderten Forschungsprojektes haben jetzt Biologen das Mineralwasser auf dessen Belastung mit Umwelthormonen, so genannten Endokrinen Disruptoren, untersucht.

„Wir wussten, dass Lebensmittel mit bestimmten Umwelthormonen kontaminiert sein können,“ erklärt Professor Jörg Oehlmann, der das Projekt an der Goethe-Universität leitet. Ein prominentes Beispiel sei die Plastikkomponente Bisphenol A, eine östrogenartig wirkende Chemikalie, die aus Polycarbonat-Flaschen auslaugen und so ins Lebensmittel gelangen kann. „Allerdings haben wir es in der Realität nicht nur mit einer einzelnen Chemikalie, sondern mit einer Vielzahl von Umwelthormonen zu tun,“ so Oehlmann weiter.

Erhöhte Hormonaktivät in zwölf Proben

Um diese so genannten Cocktaileffekte einzubeziehen, haben sich die Wissenschaftler nicht auf eine einzelne Substanz konzentriert, sondern haben die gesamte Hormonaktivität von Mineralwasser gemessen. „Mit einem genetisch veränderten Hefestamm haben wir zahlreiche Mineralwassermarken auf deren Östrogenaktivität untersucht“, erklärt Doktorand Martin Wagner. „Enthält das Wasser Umwelthormone, die dem weiblichen Sexualhormon ähneln, können wir deren Bindung an den menschlichen Östrogenrezeptor messen und so Aussagen über die hormonelle Belastung des Mineralwassers treffen.“

In zwölf der 20 untersuchten Mineralwassermarken konnten sie eine erhöhte Hormonaktivität nachweisen. „Zu Beginn unserer Arbeiten hatten wir nicht erwartet, eine so massive östrogene Kontamination in einem Lebensmittel vorzufinden, das strengen Kontrollen unterliegt,“ sagt Wagner. „Allerdings mussten wir feststellen, dass Mineralwasser hormonell betrachtet in etwa die Qualität von Kläranlagenabwasser aufweist.“

Belastung in PET-Flaschen doppelt so hoch

Mit ihren Versuchen konnte das Frankfurter Forscherteam zudem belegen, dass zumindest ein Teil der Umwelthormone aus der Kunststoffverpackung stammt. „Wir haben Mineralwasser aus Glas- und Plastikflaschen verglichen und konnten zeigen, dass die östrogene Belastung in Wasser aus PET-Flaschen etwa doppelt so hoch ist, wie in Wasser aus Glasflaschen,“ so Wagner. Ein Grund dafür könnte das Auslaugen von Plastikadditiven, wie zum Beispiel Weichmachern, aus den PET-Flaschen sein. Dazu Oehlmann: „Wenn sich herausstellt, dass das Auslaugen von Endokrinen Disruptoren aus Kunststoffverpackungen ein generelles Phänomen ist, würde dies bedeuten, dass nahezu die gesamte Bandbreite unserer Lebensmittel hormonell belastet ist.“

Noch können die Ökotoxikologen nicht abschätzen, ob die östrogene Kontamination des Mineralwassers ein gesundheitliches Risiko darstellt. Oehlmann: „Unsere Ergebnis belegen zwar, dass wir mit einer größeren Menge an Umwelthormonen in Kontakt kommen als bisher vermutet, allerdings wissen wir noch nichts über deren Aufnahme und Abbau im menschlichen Körper.“ Welche Substanzen genau für die hormonelle Belastung im Mineralwasser verantwortlich sind, ist noch nicht geklärt. Das Frankfurter Team arbeitet derzeit an deren Identifizierung.

(Goethe-Universität Frankfurt am Main, 12.03.2009 – NPO)

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