Wer an Narkolepsie leidet, ist in ständiger Gefahr, plötzlich mitten im Geschehen einzuschlafen oder die Kontrolle über ihre Muskeln zu verlieren. Jetzt haben deutsche und amerikanische Wissenschaftler erstmals gezeigt, dass spezifische Immunzellen an diesem Krankheitsbild beteiligt sind: Wie sie in „Nature Genetics“ berichten, fördern offenbar bestimte genetische Varianten im T-Zellrezeptor das Auftreten der Narkolepsie.
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Patienten mit Narkolepsie leiden an einem ausgesprochenen Schlafzwang und einer erhöhten Schläfrigkeit am Tage, die unwiderstehlich werden kann. Die Patienten schlafen tagsüber plötzlich für wenige Sekunden bis zu mehreren Minuten ein. In der Nacht kommt es zu einem verschobenen Schlafrhythmus, bei dem schon kurz nach dem Einschlafen Traumphasen auftreten. Außerdem kommt es zu so genannten „Kataplexien“. Hierunter versteht man einen plötzlich auftretenden, vorübergehenden Kontrollverlust über die Muskeln bei vollem Bewusstsein. Der Patient fällt förmlich in sich zusammen, ist dabei aber wach.
Mangel an Wach-Hormon
Wissenschaftler forschen seit langem an der Rolle des körpereigenen Immunsystems bei der Entstehung der Narkolepsie. Eine wichtige Funktion übernehmen dabei bestimmte Zellen im Gehirn, die das Wach- Hormon Hypocretin produzieren. Narkolepsie-Patienten haben weniger Zellen, die Hypocretin produzieren und damit weniger Hypocretin mit der Folge einer erhöhten Schläfrigkeit.
Ein internationales Konsortium unter Leitung von Professor Emmanuel Mignot von der Stanford University hat in Zusammenarbeit mit Münchner Wissenschaftlern um Juliane Winkelmann vom Klinikum rechts der Isar der Technischen und dem Helmholtz Zentrum München das Genom von insgesamt 1.800 Narkolepsie-Patienten und gesunden Probanden untersucht und mit einer Kontrollgruppe nicht an Narkolepsie Erkrankter verglichen.
Risikogen bei 90 Prozent der Narkoleptiker gefunden
Die Forscher analysierten Sequenz-Varianten (SNPs), die über das gesamte Genom verteilt waren. Beim Vergleich der Sequenzen zwischen Patienten und Kontrollen konnten sie Varianten im T-Zellrezeptor identifizieren, die mit der Narkolepsie assoziiert sind. Dieser Rezeptor kommt auf Zellen vor, die in der Immunantwort eine wichtige Rolle spielen. Es zeigte sich, dass 90 Prozent der Narkolepsiepatienten Träger eines bestimmten HLA- Typs sind. Das Immunsystem verwendet das HLA-System, um zwischen körpereigenen und körperfremden Zellen zu unterscheiden. Das Zusammenspiel zwischen dem HLA-System und dem T-Zellrezeptor, so legt die Untersuchung nahe, führt zur Zerstörung der Hypocretin- produzierenden Zellen im Hypothalamus von Narkolepsiepatienten.
Bisher konnte noch bei keiner anderen Autoimmunerkrankung eine Verbindung zwischen HLA- und T-Zell-Varianten hergestellt werden. Wenn man weiß, was bei der Entstehung der Narkolepsie passiert, so hoffen Wissenschaftler, erhält man auch einen besseren Einblick in die Mechanismen der T-Zelle bei anderen
Autoimmunerkrankungen wie beispielsweise der Multiplen Sklerose.
(Helmholtz Zentrum München, 07.05.2009 – NPO)