Wenn es um das Immunsystem geht, könnten Männer den Kürzeren gezogen haben. Denn Wissenschaftler haben jetzt überraschend belegt, dass sie eine schwächere Immunabwehr besitzen als Frauen. Das weibliche Geschlechtshormon Östrogen fördert die schützende Entzündungsreaktion gegen bakterielle Erreger und hilft so bei der Abwehr. Die Studie ist im Fachmagazin „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) erschienen.
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Maya Saleh von der McGill Universität in Montreal hatte mit diesem Ergebnis ihrer Versuche nicht gerechnet. Eigentlich ging es ihr darum, die Wirkung des menschlichen Caspase-12-Gens in Mäusen zu testen. Das Gen erzeugt ein Enzym, das die Entzündungsreaktion blockiert und damit Menschen und Tiere extrem anfällig für Infektionen macht. Sie implantierte einer Gruppe von männlichen und weiblichen Mäusen, denen durch eine Mutation dieses Gen fehlte, die menschliche Version der Caspase-12.
Östrogen blockiert immunschwächendes Gen
Es zeigte sich, dass das Gen bei den männlichen Mäusen bestens wirkte: Sie infizierten sich leicht mit einem Krankheitserreger. Die Weibchen mit dem gleichen Gen jedoch konnten den Erreger abwehren. „Wir waren extrem überrascht von diesen Ergebnissen”, erklärt Saleh. “Wir stellten fest, dass das von den Mäuseweibchen produzierte Östrogen die Expression des menschlichen Caspase-12-Gens blockierte.“
Das natürlicherweise von Frauen produzierte Östrogen scheint das entzündungshemmende Enzym Caspase-12 zu hemmen und damit die schützende Immunreaktion zu fördern. Die Präsenz von Östrogen, so die Schlussfolgerung der Wissenschaftlerin, hat offensichtlich einen positiven Effekt auf die Immunabwehr und damit die Verteidigung gegen pathogene Organismen. „Wir konnten auch lokalisieren, wo der Östrogenrezeptor an das Gen bindet um seine Expression zu blockieren“, so die Forscherin. „Das deutet darauf hin, dass das Hormon in diesem Fall eine direkte Wirkung hat.“
Unterschied gilt auch beim Menschen
„Diese Ergebnisse zeigen, dass Frauen eine leistungsfähigere Entzündungsreaktion besitzen als Männer“, so Saleh. Da diese Versuche mit einem menschlichen Gen durchgeführt worden sind, sehen die Wissenschaftler ihre Ergebnisse als auch auf den Menschen übertragbar an. Möglicherweise hat sich diese Eigenschaft des weiblichen Immunsystems entwickelt, um die Frauen besser bei ihrer reproduktiven Rolle zu schützen.
Der positive Effekt des natürlichen Östrogens auf unsere Resistenz gegenüber Krankheitserregern besteht auch bei künstlichen Hormonersatzstoffen wie 17-beta-estradiol. Damit eröffnet die neue Erkenntnis auch eine Möglichkeit zu neuen therapeutischen Anwendungen des Hormons – zumindest für Frauen.
(McGill University Health Centre, 12.05.2009 – NPO)