Medizin

Veilchenduft stoppt Krebs

Forscher enttarnen Riechrezeptor

Veilchen © Steffen Heinz / GFDL

Ein Protein mit bislang unbekannter Funktion, das in Prostatakrebszellen massenhaft hergestellt wird, haben Bochumer Biologen jetzt als Riechrezeptor für Veilchenduft enttarnt. Zwar kommt in der Prostata der Blumenduft nicht vor, dafür aber ein sehr ähnlich aufgebautes Molekül als Stoffwechselprodukt des männlichen Sexualhormons Testosteron.

Weitere Untersuchungen der Forscher um Professor Hanns Hatt von der Ruhr-Universität Bochum (RUB) ergaben, dass dieses Steroidhormon ebenfalls den Riechrezeptor aktivieren kann und der Zelle auf einem neu entdeckten Signalweg das Kommando gibt, die Zellteilung zu stoppen.

„Das heißt praktisch, dass man mit Veilchenduft das Prostatakrebswachstum anhalten kann“, spitzt Hatt die Ergebnisse zu. Weitere Tests sollen zeigen, ob die Erkenntnisse therapeutisch anwendbar sind, berichten die Wissenschaftler online im „Journal of Biological Chemistry“.

Spermien riechen Maiglöckchen, Prostatazellen Veilchen

Nachdem sie bereits Riechrezeptoren für Maiglöckchenduft in menschlichen Spermien nachgewiesen hatten, stießen die Bochumer Forscher jetzt auf einen weiteren dieser Rezeptoren, der auch außerhalb der Nase vorkommt: den Rezeptor für Veilchenduft in Prostatazellen. Um seine Funktion zu ergründen, statteten sie zunächst Nierenzellen mit dem genetischen Bauplan für das Rezeptorprotein aus und konfrontierten sie mit einer komplexen Mischung von Duftstoffen, um festzustellen, welcher von ihnen an den Rezeptor andockt und ihn aktiviert.

Die Zellantwort – eine vermehrte Calcium-Ausschüttung – konnten die Wissenschaftler mittels Calcium-sensitiven Farbstoffen beobachten. Ergebnis: Der Rezeptor hOR 51 E2 reagierte auf beta-Ionon, den klassischen Veilchenduft, und auf Steroidhormone wie Dihydro-Testosteron, die in ihrer Molekülstruktur Ähnlichkeit mit dem Veilchenduft-Molekül haben. Tests mit gesunden Prostatazellen bestätigten die Ergebnisse, auch sie konnten die Substanzen riechen.

Die Forscher machten auch die Gegenprobe, indem sie in die Prostatazellen eine Gensequenz einschleusten, die die Rezeptorherstellung unterbindet. Diese Zellen reagierten dann nicht mehr auf den Duft oder das Steroidhormon.

Anhand des Farbumschlags (Fehlfarbenbild) ist erkennbar, ob eine Zelle auf einen bestimmten Stoff reagiert, also ob sie das dazu passende Rezeptorprotein besitzt. © RUB

Zellwachstum nahe Null

„Die Frage war dann natürlich: Welche Funktion hat der Rezeptor in der Prostatazelle? Und welchen Signalweg löst er aus?“, erklärt Hatt. Die Forscher stießen auf eine ältere Studie, die ein Protein unbekannter Struktur beschrieb, das vor allem in Prostatakrebszellen verstärkt gebildet wird. Bei näherem Hinsehen entpuppte es sich als genau der Veilchenduftrezeptor, den die Bochumer Wissenschaftler untersuchten.

Aus der Urologischen Klinik Herne der Ruhr-Universität besorgten sie sich daher aus Operationsmaterial Prostatakarzinomzellen für weitere Untersuchungen. Die Zellantwort auf Veilchenduft oder das Steroidhormon war erwartungsgemäß hoch: Das Zellwachstum nahm signifikant ab und sank gegen Null.

Weitere Tests zeigten zudem, dass der Signalweg ein völlig anderer ist als bei Riechzellen. Das Rezeptorsignal wird direkt an den Zellkern übermittelt, der dann dafür sorgt, dass die Zellteilungsrate reduziert wird. Untersuchungen an Mäusen sollen jetzt zeigen, ob das, was in Zellkulturen entdeckt wurde, auch im Organismus funktioniert. „Dann wird man die Erkenntnis irgendwann vielleicht therapeutisch gegen Prostatakrebs einsetzen können“, hofft Hatt.

(idw – Ruhr-Universität Bochum, 19.05.2009 – DLO)

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