Nicht nur am Wochenende wünschen sich viele ein schönes Frühstücksei. Wenn wir allerdings an ihr Inneres wollen, müssen wir sie erst pellen – und da beginnt das Problem. Denn allzu oft bleiben große Teile des Eiweißes an der Schale kleben. Die Folge: Unser Ei ähnelt mehr einer zerklüfteten Ruine als einem glatten appetitlichen Frühstückssnack. Aber warum lassen sich manche Eier so schlecht pellen? Fehlte ihnen nach dem Kochen die kalte Dusche des Abschreckens? Oder ist das vielleicht doch nur ein Mythos?
„Jein“, sagt Thomas Vilgis, Forscher am Max-Planck-Institut für Polymerforschung und Experte unter anderem für die Physik von Nahrungsmitteln. Es sei in der Tat ein Mythos, dass Abschrecken allein das Pellen beeinflusse. „Frisch gelegte Eier, wenn sie erst ein paar Stunden oder maximal zwei Tage alt sind lassen sich nach dem Abschrecken auch nicht besser pellen als vorher.“
Älter ist bei Eiern besser – zumindest beim Pellen
Der entscheidende Faktor für die Pellbarkeit der Eier ist nicht die kalte Dusche, sondern das Alter des Eis. Denn damit sind wichtige chemische Veränderungen im Inneren der Schale verbunden. „Das Ei besteht aus vielen Proteinen, mit diesen Molekülen ist auch die Schalenhaut an die Schale und das Eiklar angebunden“, erklärt Vilgis. Bei frisch gelegten Eiern sei diese Bindung noch sehr stark. Wenn man diese pelle, reiße man deshalb mit der Schale und Schalenhaut auch Stücke des Eiweißes mit. Entgegen der sonstigen Maxime bei Lebensmitteln gilt für das Eierkochen daher: Älter ist besser.
„Wenn das Ei älter wird, verliert es Kohlendioxid“, sagt Vilgis. Dieses entweicht langsam durch die feinen Poren in der Eierschale. Dadurch verändert sich der Säuregrad im Inneren des Eis – ähnlich wie bei einem Sprudelwasser, dem die Kohlensäure entweicht. „Der pH-Wert steigt von nahezu neutralen Werten auf 8 bis 9, das Ei wird basischer“, erklärt der Forscher. Ein pH-Wert von 7 gilt als neutral – weder sauer noch basisch.
Bindung der Schalenhaut an das Eiweiß lässt nach
Wenn sich der pH-Wert im Ei ändert, beeinflusst dies wiederum die Wechselwirkung der Proteine untereinander. „Die Proteine ändern ihre Bindungseigenschaften, im eher basischen Bereich ist ihre Bindungskraft nicht mehr so stark“, erklärt Vilgis. Dadurch sei auch die Schalenhaut nicht mehr so stark an das Eiweiß gebunden. Versucht man ein solches älteres Ei zu pellen, löst sich die Schalenhaut leicht mitsamt der Schale vom festen Eiweiß – das Ei bleibt heil und glatt.
Und bei einem ohnehin schon älteren Ei kann dann sogar das Abschrecken helfen. „Wenn ich dann das Ei in kaltes Wasser werfe, zieht sich die Schale zusammen, während das gekochte Eiklar noch heiß ist“, sagt der Forscher. Dadurch entstehen Spannungen, die dabei helfen können, die Schalenhaut vom Eiweiß zu lösen. Aber das sei dann nicht der primäre Effekt. Wichtiger sei die vorhergehende Alterung des Eis.
Abschrecken lässt Eier schneller verderben
Tatsächlich kann das Abschrecken sogar schaden, warnen unter anderem Experten des Ernährungsforums der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg: Durch die kalte Dusche kühlt sich das Eiweiß schlagartig ab und zieht sich zusammen. Dadurch entsteht unter der Schale des Eis ein Unterdruck. Dieser saugt Luft, Wasser und auch Bakterien durch die poröse Kalkhülle in das Innere.
Als Folge verdirbt ein abgeschrecktes Ei schneller. „Die Haltbarkeit verringert sich dadurch auf nur noch wenige Tage“, erklären die Experten. Normalerweise sei ein hartgekochtes Ei dagegen bis zu einem Monat haltbar, im Kühlschrank sogar sechs Wochen.
06.04.2012 – NPO