Es ist zum Verzweifeln: Da gibt man sich solche Mühe, den Teig schön gleichmäßig in die Kuchenform einzufüllen, aber es bringt alles nichts. Wenn die Küchenuhr klingelt und man den fertigen Kuchen aus dem Backofen holt, ist er in der Mitte wieder dicker als am Rand. Kastenkuchen sind dort meist sogar richtiggehend aufgeplatzt. Woran liegt das eigentlich?
„In der Mitte des Kuchens werden hohe Temperaturen viel später erreicht als außen an der Backform“, sagt Wolfgang Schwack, geschäftsführender Direktor am Institut für Lebensmittelchemie der Universität Hohenheim. „Daher hat der Kuchen im Zentrum viel mehr Zeit, aufzugehen.“
Die Kuchenform leitet die Wärme des Backofens effizient an den Rand des Kuchens. Der Teig wird dort schnell gar und backt durch. Dabei vernetzen sich die Eiweiße in ihm, erläutert Peter Barham, Physikprofessor an der University of Bristol. „Da der Teig am Rand heißer ist, wird er dort schneller steif.“ Er setzt dem Backpulver dort mehr Widerstand entgegen.
Backpulver lässt einen Teig aufgehen, indem es bei nicht allzu hohen Temperaturen das Gas Kohlendioxid freisetzt. Das Gas bildet winzige Bläschen im Teig, dadurch dehnt er sich aus. Dies geschieht am stärksten dort, wo der Teig noch am längsten flüssig ist – in der Mitte des Kuchens. Deshalb bildet sich dort ein Hügel. Am bereits durchgebackenen, festen Rand geht der Teig dagegen nicht mehr auf.
Wie Lava aus einem Vulkan
Aber es gibt auch noch eine zusätzliche, wärmeunabhängige Begründung, sagt Schwack: „Der Kuchen backt außen an der Backform fest. Im Zentrum dagegen hat er keinen Widerstand.“ Wenn der Kuchen aufgeht, nimmt er einfach den Weg des geringsten Widerstands.
Auch die oberste Schicht des Kuchens wird stets schneller warm und damit auch eher gar als in der Mitte. „Dabei kann sich eine recht starre Haut bilden“, sagt Barham. „Unter dem Druck von Dampf und Kohlendioxid, die im kühleren Inneren entstehen, platzt diese dann auf.“ Das ist vergleichbar mit einem Vulkan, aus dem die Lava herausfließt.
Auch bei Hefe, aber nicht bei Pizza
Derselbe Effekt ist bei Hefeteig zu beobachten. Hier sorgt zwar nicht das Backpulver dafür, dass der Kuchen aufgeht, sondern die Mikroorganismen der Hefe, die Zucker zersetzen und Kohlendioxid produzieren. Aber auch hier gilt: Wenn der Kuchen am Rand schneller durchbackt, hört die Kohlendioxidbildung dort eher auf.
„Bei der Pizza ist es übrigens genau umgekehrt“, fügt Schwack hinzu: Man benutze dort keine Backform und das Gewicht des Belags drücke auf den Teig. So bekomme man außen einen hohen Rand.
Wer unförmige Kuchen nicht mag, kann versuchen, die Backform mit etwas zu umwickeln, beispielsweise mit Alufolie und einem nassen Tuch darin. Einige Kuchenbackfans schwören darauf. Der Trick besteht darin, die Kuchenform nicht so schnell heiß werden zu lassen. Dann sollten die Kuchen zumindest etwas gleichmäßiger aufgehen.
23.03.2012 – BO