„Und siehe, der Stern, den sie im Morgenland gesehen hatten, ging vor ihnen her, bis er ankam und über dem Ort stillstand, wo das Kind war.“ Für die Bibel ist die Sache einfach: die drei Weisen aus dem Morgenland entdecken einen neuen Stern, folgen ihm und kommen kurz nach Jesu Geburt in Bethlehem an. Aber was ist dran an der Geschichte?
Gab es den Stern wirklich oder handelt es sich nur um eine frei erfundene Ausschmückung der Weihnachtserzählung? Schon bekannte historische Astronomen wie Johannes Keppler, Edmond Halley und Isaak Newton haben versucht dies zu klären – ohne durchschlagenden Erfolg. Denn die Lösung des Rätsels ist komplizierter als man glaubt.
„Die Frage lässt sich heute nicht eindeutig beantworten“, sagt Michael Geffert vom Argelander-Institut für Astronomie der Universität Bonn. Zum einen wisse man nicht exakt, in welchem Jahr Christus geboren wurde. Zum anderen seien die Beschreibungen der Himmelsphänomene, die damals beobachtet wurden, nicht eindeutig.
Jesus wurde nicht im Jahr „Null“ geboren
Was den historischen Jesus von Nazareth betrifft, gehen viele Historiker inzwischen davon aus, dass er eigentlich nur zwischen acht und vier Jahren vor unserer Zeitrechnung auf die Welt gekommen sein kann – und keineswegs im Jahre „Null“. Denn der damalige König von Judäa, Herodes, starb bereits im Jahr vier vor Christus. In der biblischen Erzählung spielt Herodes unter anderem als machthungriger Kindsmörder eine wichtige Rolle. Und der römische Statthalter Quirinius, wegen dessen Volkszählung Joseph und Maria der Bibel zufolge nach Bethlehem ziehen mussten, regierte um 12 vor Christus.
Der „Stern“ dagegen muss nach Ansicht von Forschern ein Objekt gewesen sein, das zu damaliger Zeit neu am Nachthimmel erschien. „Neben einem ’neuen Stern‘, einer Supernova, könnte es sich natürlich auch um das Auftauchen eines hellen Kometen gehandelt haben“, sagt Geffert. Wenn man allerdings annehme, dass die Weisen aus dem heutigen Iran kamen, hätten sie viele Monate für die Planung und Durchführung der Reise gebraucht. „Das spricht gegen eine Supernova oder einen Kometen als Erklärung“, meint der Bonner Forscher. Denn beide Phänomene seien meistens nur wenige Tage bis Wochen zu sehen.
Planetenkonjunktion als „neuer Stern“?
Die Mehrheit der Astronomen favorisiert deshalb mittlerweile eine andere Theorie: eine Dreier-Konjunktion der beiden Planeten Jupiter und Saturn. Dabei kommen sich die beiden Himmelsobjekte nicht nur einmal, sondern dreimal hintereinander sehr nahe. Für einen Beobachter scheinen sie dabei zu einem hellen Lichtpunkt zu verschmelzen. Eine solche Dreier-Konjunktion hat es im Jahr 6 vor Christus im Sternbild Fische wohl tatsächlich gegeben. Wenn die Weisen bei der ersten Konjunktion begonnen hätten, ihre Reise zu planen, hätten sie bei der dritten Konjunktion in Bethlehem sein können, schätzt Geffert. Zwischen den drei Zusammentreffen der beiden Planeten lagen nur wenige Monate, so dass für die Reise genügend Zeit geblieben wäre.
„Zusammenfassend kann man sagen, dass eine Planetenkonjunktion die wahrscheinlichste astronomische Erklärung für den Stern von Bethlehem ist“, sagt der Astronom. Man solle aber nicht meinen, dass die Wissenschaftler eine eindeutige Erklärung gefunden hätten.
Die drei Weisen gab es nicht
Bis heute sind demnach noch längst nicht alle Rätsel um den Stern von Bethlehem gelöst. Aber was ist eigentlich mit den drei Weisen aus dem Morgenland? Existierten die? In dieser Hinsicht widerspricht der Theologe Wolfgang Weiß von der Universität Oldenburg dem Astronomen Geffert. Natürlich habe es diese nicht gegeben. Sie seien erzählerische Figuren, meint Weiß. Möglicherweise symbolisierten sie die Huldigung an Jesus durch nichtjüdische Repräsentanten.