Druck aus dem Flascheninneren
Die Analysen ergaben, dass die Flüssigkeit nicht gleichmäßig gefriert: Zuerst bildet sich eine Eisschicht an der Grenze des Wassers zur Luft. Anschließend gefriert das restliche Wasser im Behälter von außen nach innen. Im Eisinneren bildet sich so ein Areal aus eingeschlossener Flüssigkeit, die zuletzt gefriert.
Wenn dieser innere Abschnitt schließlich ebenfalls fest wird, hat das Wasser für den Phasenübergang dort zu wenig Platz. Die Wassermoleküle brauchen mehr Raum als in dem vom Eis umschlossenen Raum vorhanden ist. Wie das Team ermittelte, entsteht durch die Ausdehnung des gefrierenden Wassers um rund neun Prozent ein extremer Druck. In den Experimenten lag dieser bei bis zu 260 Megapascal.
Dieser Druck überträgt sich nach außen und kann dann sowohl das umliegende Eis als nachfolgend auch das Glas zerbrechen. Denn die maximale Bruchtoleranz der Wassereisschicht liegt bei nur wenigen Megapascal, die Stabilität des Glasbehälters reicht bis rund 65 Megapascal, wie die Forschenden ermittelten. „Der aufgestaute Druck durch die Volumenzunahme beim Gefrieren reicht demnach aus, um Glas und Eis zu brechen“, erklären Demmenie und seine Kollegen.
Lässt sich das Platzen verhindern?
Aber warum platzen dann in unserem Gefrierschrank nicht alle Getränkeflaschen? Läuft der Gefrierprozess in anderen Flaschentypen auf verschiedene Weise ab? Um das herauszufinden, testeten die Forschenden 90 unterschiedliche Glasbehälter. Diese Experimente enthüllten einen Mechanismus, der das Einschließen der Flüssigkeit und damit das Platzen der Flaschen verhindert.
Dafür muss man das flüssige Wasser zunächst auf unter Null Grad Celsius unterkühlen und so den Beginn des Phasenübergangs hinauszögern: Das Wasser gefriert nicht, obwohl es unter den Gefrierpunkt heruntergekühlt wurde. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn das Volumen relativ klein ist und nur wenige Kristallisationskeime im Wasser vorhanden sind. In den Tests zeigte sich: Ein auf diese Weise unterkühltes Wasser gefriert nicht von außen nach innen zu einem kristallinen Klumpen, sondern zuerst in fingerartigen Ästen und dann zu einem kompakten Block.
„Interessanterweise führt dieser zweistufige Prozess dazu, dass eine beträchtliche Anzahl von Luftblasen im Eis eingeschlossen wird, die als Druckspeicher zu wirken scheinen und dadurch die Wahrscheinlichkeit eines Behälterbruchs verringern“, stellten die Forschenden überraschend fest. Die Luftblasen dämpften den Stress beim Phasenübergang. Auf diese Weise kann sich keine „explosive“ Flüssigkeitskammer im Eisinneren bilden.
Schäden durch Eiskristallisation. © Demmenie et al.
Wie sollte die Flasche aussehen?
Doch wie gelingt es in der Praxis, eine Wasserflasche auf unter Null Grad zu unterkühlen? Dafür sollte die Glasflasche möglichst schmal und mit einer wasserabweisenden Substanz beschichtet sein, wie die Forschenden feststellten. In einer schmaleren Flasche hat das Wasser eine größere Oberfläche in Relation zum Volumen und kühlt so schneller ab. Die hydrophobe Beschichtung erzeugt eine flache Wasseroberfläche an der Dreifachgrenze zwischen Wasser, Luft und Glas. Das macht es wahrscheinlicher, dass das Gefrieren am Boden der Flasche beginnt und sich von dort nach oben ausbreitet.
Hydrophile Beschichtungen und unbehandeltes Glas haben hingegen den gegenteiligen Effekt. Weil die Wasseroberfläche an der Grenze zum Glas dann meniskusförmig leicht gewölbt ist und die Wassermoleküle dort so weniger Freiräume haben, beginnt der Gefrierprozess in diesem Fall oben in der Flasche an der Luftgrenze. Das erklärt auch, warum Getränkeflaschen aus Plastik viel seltener im Freezer explodieren: Kunststoffe wie PET und Polypropylen (PP) sind wasserabweisender als Glas. (Scientific Reports, 2025; doi: 10.1038/s41598-025-86117-5)
Quelle: Universität Amsterdam (UvA)
21. März 2025
- Claudia Krapp