Gesellschaft

Wo wird das beste Hochdeutsch gesprochen?

Wissenswert

Köpfe mit Sprechblasen
Wer spricht das beste Hochdeutsch? © Giii/iStock

In Deutschland sprechen die Menschen viele verschiedene Dialekte. Etwa 16 größere Dialektgruppen verteilen sich über das Land. Ein Mythos, der immer wieder auftaucht, wenn es um Sprechen ohne Dialekt geht: In Hannover sprechen die Menschen das beste Hochdeutsch. Aber ist das wirklich so?

Ob schwäbisch, bayerisch, kölsch oder sächsisch – in vielen, mal größeren, mal kleineren Regionen in Deutschland sprechen die Menschen mit Dialekt. Dabei verschlucken sie beispielsweise Wortendungen, reduzieren Doppellaute wie ei, au oder eu zu einfachen Vokalen oder nutzen ein ganz anderes Wort als im Hochdeutschen. In Hannover suchen allerdings viele vergeblich nach solchen Redeweisen. Daher hält sich der Mythos wacker, dort werde das beste Hochdeutsch gesprochen.

Dass der Raum Hannover die Region mit dem besten Hochdeutsch ist, bejahen immerhin 24 Prozent der repräsentativ Befragten aus ganz Deutschland des Projekts „Die Stadtsprache Hannovers“. Darauf folgt Niedersachsen, das Bundesland, in dem auch Hannover liegt, mit 14 Prozent. Diese Annahme geht sogar so weit, dass der Linguist Péter Maitz ein eigenes Wort für sie schuf: der Hannoverismus.

Weder Hochdeutsch noch Dialekt

Allerdings stimmt es nicht, dass die Hannoveraner das beste und reinste Deutsch sprechen – zumindest nicht ganz. Sie sprechen kein reines Hochdeutsch, aber auch keinen reinen Dialekt, wie das Projekt „Die Stadtsprache Hannovers“ herausfand. Tests und Interviews mit 100 in Hannover aufgewachsenen Menschen unterschiedlichen Alters und Geschlechts zeigen einen Einschlag des Niederdeutschen, auch Platt genannt, bei der Sprache.

Dabei gibt es aber Altersunterschiede. Aussprachen, die auf dem niederdeutschen Dialekt basieren, wie „Zuch“ statt „Zug“, benutzen die jungen Hannoveraner demnach seltener als ältere. Andere Aussprachen aus dem Niederdeutschen finden jedoch bei den jüngeren Hannoveranern vermehrt Anklang. Sie sprechen zum Beispiel Käse wie „Keese“ oder Fisch wie „Füsch“ aus, wie die Studie zeigt.

Umgangssprache „Hannöversch“

Neben Hochdeutsch und Niederdeutsch sprechen die Hannoveraner auch „Hannöversch“ – eine eigene Umgangssprache, die weder Niederdeutsch noch Standardhochdeutsch entspricht, sondern eine Zwischenform darstellt. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts nutzen die Menschen in der Region diesen Dialekt allerdings immer weniger, wie die Studie ergab. Die Umgangssprache verschwindet also zunehmend aus dem Sprachgebrauch der Hannoveraner, wenngleich „Hannöversch“ oder einzelne Aussprachen daraus, wie „Laane“ statt „Leine“ noch vereinzelt im Alltag zu hören sind.

Viele Deutsche betrachten Hannover daher im Vergleich zu anderen Regionen tatsächlich als einen Ort mit besonders reinem, wenn auch nicht absolut reinem Hochdeutsch. Die Hannoveraner selbst sind sich in einer Sache zumindest überwiegend einig: Das Hochdeutsche ist ein wichtiger Teil ihrer Identität.

Quelle: Leibniz-Universität-Hannover

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